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Jeden Freitag gibt es Stockfisch

■ Glaubt man den Baufirmen, so verdienen die portugiesischen Baukolonnen in Berlin genausoviel wie ihre deutschen Kollegen – und sind trotzdem billiger

Der Wachmann an der Pforte der ehemaligen NVA-Kaserne weiß nur Gutes über die portugiesischen Arbeiter zu berichten. „Tüchtige Leute, die hart arbeiten.“ Ärger hat er mit ihnen nicht. Dreihundert Arbeiter sind in der Kaserne in Berlin-Treptow untergebracht. Sie sind bei der portugiesischen Baufirma Somec beschäftigt, die bundesweit 1.800 Arbeiter beschäftigt.

Die Somec-Arbeiter haben eine Sechstagewoche und einen zwölfstündigen Arbeitstag. „Welcher Deutsche würde sich schon auf so was einlassen“, fragt Hans Egon Hanold, Baukoordinator von Somec. Er erzählt, daß die Firma in der Vergangenheit versucht habe, Kolonnen deutscher Zimmerleute, Einschaler und Betonbauer für Montageeinsätze zu heuern, doch habe sich fast niemand auf entsprechende Inserate gemeldet. „Die Deutschen wollen eben ihren Achtstundentag und eine Vierzigstundenwoche und möglichst nach Feierabend bei ihren Familien sein, statt monatelang in Camps zu leben.“ Hanold erwähnt nicht, daß der Achtstundentag und die Fünftagewoche im deutschen Bau längst tariflich verankert sind. Auch ein zur Regel gewordener Zwölfstundentag überschreitet das in Deutschland geltende Arbeitszeitgesetz.

Hanold ärgert sich über Berichte in der deutschen Presse. Eine Berliner Tageszeitung behauptet, daß das Lohnniveau in Portugal bei drei Mark liege. „Möchte mal wissen, wo die diesen Unfug herhat“, entrüstet er sich. Solche Darstellungen führen seiner Erfahrung nach immer wieder dazu, daß Auftraggeber, unter ihnen einige der größten Baukonzerne, versuchen, die Preise zu drücken. „Die berufen sich auf solche Geschichten und sagen einem: Ihr beschäftigt doch Kanacken, die kosten doch nichts.“

Nach Hanolds Darstellung sind die Somec-Arbeiter wesentlich besser gestellt als die scheinselbständigen Briten oder die polnischen Werkvertrags-Arbeiter. Ihr Stundenlohn liegt für einen Zimmermann oder Einschaler bei 15 Mark. „Hinzu kommt ein fünfzigprozentiger Auslandszuschlag, so daß die Portugiesen am Ende 22 Mark haben“, behauptet Hanold – also fast genausoviel wie ein deutscher Arbeiter. Billiger als deutsche Baufirmen ist die Somec, weil in Portugal die Lohnnebenkosten geringer sind. Ein portugiesischer Facharbeiter in Berlin schlägt nach Berechnungen der IG Bau mit 40 Mark pro Stunde zu Buche, sein deutscher Kollege mit 55 bis 60 Mark.

Hanold ist ausdrücklich für die geplante EU-Richtlinie, die Entlohnung, Arbeitszeit und Sicherheitsbestimmungen der aus dem Ausland entsandten Arbeitnehmer an die vor Ort geltenden Bedingungen anpassen will. Gegenüber den britischen und irischen „Selbstunternehmern“ mit ihren 25 Mark „auf die Hand“ sei seine Firma benachteiligt.

Der Somec-Firmenchef, so Hanold, sei „sehr auf soziale Aspekte ausgerichtet“. Jedem Somec-Mitarbeiter stehen jährlich zwei kostenlose Heimflüge zu. Darüber hinaus sind Unterkunft und Verpflegung frei. Die Arbeiter bekommen Frühstück und zwei warme Mahlzeiten. Bis zu zehn Prozent des finanziellen Auftragsvolumens gehen in die Verpflegung der Mitarbeiter. „Einmal pro Woche müssen die Leute ihren Stockfisch haben. Die Firma fliegt den Fisch dann eigens aus Portugal ein.“ Für die Verständigung sorgen auf jeder Baustelle Dolmetscherinnen. Eine von ihnen, Clara Atunes, zeigt mir zusammen mit Hanold die Unterkünfte, wo zur Zeit rund siebzig Somec-Arbeiter untergebracht sind. Jeder Arbeiter hat ein eigenes Appartement mit Fernsehgerät, Tischtennisplatten stehen zur Freizeitgestaltung bereit. Peter Lerch

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