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taz-Dossier: „Comeback der Folter“Knappe Mehrheit für „Rettungsfolter“

Jurastudenten befürworten in einer Befragung Quälereien, um etwa Terroranschläge zu verhindern. Das sorgt für entsetzte Reaktionen.

Zur Hälfte Folterer? JurastudentInnen in einer Vorlesung. Bild: dpa

FREIBURG taz | Jeder zweite junge Jurastudent befürwortet Folter, um Menschen zu retten. Zu diesem erschreckenden Ergebnis kommt der Erlanger Strafrechtsprofessor und Kriminologe Franz Streng in einer 2014 veröffentlichten Studie.

Streng hatte viermal seine Erlanger Studienanfänger befragt: 2003, 2005, 2007 und 2010, insgesamt 1.077 Studierende. Nur 41,9 Prozent von ihnen lehnten Folter generell ab. 22,1 Prozent sagten, Folter solle zulässig sein, „wenn sie ein Menschenleben retten kann“.

Weitere 29,2 Prozent der Befragten akzeptierten Folter zumindest „zur Abwehr schwerster Gefahren für die Allgemeinheit“, etwa bei drohendem Einsatz von Massenvernichtungswaffen durch Terroristen. 6,8 Prozent hatten keine Meinung. Unter dem Strich hielten also immerhin 51,3 Prozent der befragten Jurastudenten eine staatliche „Rettungsfolter“ in bestimmten Lagen für wünschenswert. Hinzu kam, dass fast ein Drittel – 31,8 Prozent – für die Wiedereinführung der Todesstrafe plädierte.

Das Ergebnis wurde in den Medien mit Erschütterung aufgenommen. „Das sollte jedem Angst machen, der mal mit dem Gesetz in Konflikt kommt“, warnte die Huffington Post. Und die Zeit urteilte, diese Studenten seien „nicht nur die neue Generation des ’Richters Gnadenlos‘. Das sind Verfassungsfeinde.“

Lückenloses Verbot

Tatsächlich ist nicht nur bei der Todesstrafe die Rechtslage eindeutig. Die Folter ist lückenlos verboten: Von der Anti-Folter-Konvention der UNO über die Menschenrechtskonvention des Europarats und das deutsche Grundgesetz bis hin zur Strafprozessordnung und den Polizeigesetzen der Länder ist klipp und klar festgestellt, dass der Staat niemandem Schmerzen zufügen darf, um eine Aussage zu erzwingen. Weder für tragische Einzelfälle noch für Krieg und Terrorismus sind Ausnahmen vorgesehen.

Allerdings wurden die Erlanger Jurastudenten gleich zu Beginn ihres Studiums befragt, quasi noch als juristische Laien. Es ist zu hoffen, dass sie das Recht am Ende des Studiums besser verinnerlicht haben – was Streng freilich nicht untersucht hat.

Und die Befragung legt auch nahe, dass ein Befürworten der Folter nicht bei allen Teilnehmern Ausdruck einer harten, unbarmherzigen Einstellung ist. Manche wollen einfach Gefahren abwenden und Opfer retten. Als naive Haltung von Schulabgängern, die Folter vermutlich für ein effizientes Mittel halten und nicht über die drohende Verrohung des Polizeialltags nachdenken, ist der Wunsch, mit allen Mitteln zu helfen, zumindest nachvollziehbar.

Als Reaktion auf die Folterdrohung des Frankfurter Polizeivize Wolfgang Daschner in einem dramatischen Entführungsfall gab es viel schlimmere Entgleisungen. So schwadronierte 2003 ausgerechnet der damalige Vorsitzende des Deutschen Richterbundes, Geert Mackenroth, über „erlaubte“ Fälle von Folter. Und zwei Drittel der Deutschen wollten, dass Daschner nicht bestraft wird (am Ende bekam er eine Verwarnung und eine Geldstrafe auf Bewährung).

So gesehen sind 41 Prozent eindeutige Foltergegner unter den Jurastudenten gar nicht so schlecht.

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48 Kommentare

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  • Dies zeugt meiner Meinung nach auch von zu grossem Vertrauen gegenüber dem Staat, der Regierung und ihren Institutionen.

     

    Getreu dem Motto: Diese Befugnisse würden schon verantwortungsvoll und zum Wohle der Gesellschaft eingesetzt werden.

     

    Sie bedenken nicht, dass die Polizei dem Bundesjustizministerium untersteht und dieses wiederum vom Bundesjustizminister geleitet wird, welcher Teil der Bundesregierung ist und wiederum an Richtlinien der Kanzlerin oder des Kanzlers gebunden ist, die ihn jederzeit entlassen und einen neuen Minister ernennen kann. Das gleiche gilt für die deutschen Geheimdienste und auch die Gerichte, da die Richter vom Justizministerium benotet werden und dies über ihre Versetzung ins nächst höhere Gericht entscheidet (nur das oberste Gericht ist davon ausgenommen, seine Richter werden von Bundestag und Bundesrat gewählt, wobei der Regierung als stärkste Kraft innerhalb der Legislative natürlich wieder eine entsprechende Rolle zukommt). Des Weiteren sind die Staatsanwälte dem Bundesjustizministerium gegenüber weisungsgebunden.

     

    Diese Regierung ist kein Wohlfahrts-Verein. Sie hat eigene Interessen auf verschiedensten Ebenen (wirtschaftlich, miliärisch etc.). Und die Befugnisse die sie hat (und die, die sie sich herausnimmt) setzt sie ein, um genau diese Ziele zu erreichen. Diese Ziele entsprechen nicht unbedingt den Zielen und Wünschen der Gesellschaft.

     

    Vor einigen Jahren wurde z.B. die Linkspartei noch vom Verfassungsschutz beobachtet. Sprich durch die Regierung ausspioniert. Oder das EU-Volksbegehren gegen TTIP rechtswiedrig gestoppt, obwohl die nötige Anzahl an Unterschriften vorlag.

     

    Sollten solche Politiker und die ihnen unterstehenden Instutionen mehr Befugnisse gegenüber der Gesellschaft haben? Wäre das verantwortungsvoll? Oder verliert eine Demokratie dadurch ihre Grundlage?

  • Meine Güte...

    ...wie alt sind diese Studenten denn?!

     

    Moral wächst mit der Erfahrung.

     

    Diese jugen Menschen wollen eigentlich das Richtige tun - zwar mit den falschen Mitteln - aber das werden sie schon noch begreifen und dann anders handeln...

     

    ...und zum Glück sind es ja auch nicht die Studenten, die hier die letzte moralische Instanz und legislative Gewalt inne haben.

    • @ThinkDifferently:

      Mit Anfang / Mitte 20 und nach Abi sowieso sollte man so weit gereift sein, Folter rundweg anzulehnen. Sonst sollte man sich besser um eine Karriere im Schlachthof bemühen.

    • @ThinkDifferently:

      "Moral wächst mit der Erfahrung. .."

       

      Soso.

      • @lichtgestalt:

        ..jaja! .. junger Jedi!

  • Gegenüber den 46% der Gesamtbevölkerung sind die 31% Studienanfänger ein gutes Zeichen. Optimal ist das aber noch nicht.

    • @Arcy Shtoink:

      (Todesstrafe)

  • "Rettungsfolter"

     

    Völlig pervers. Und solche Leute werden mal Staatsanwälte und Richter.

  • apropos NSU: Könnte bei Beate Zschäpe nicht mal versucht werden, die Wahrheit zu "retten"...?

    • @lichtgestalt:

      Da ist die Frage, ob die potenziellen Folterer überhaupt an der Wahrheit interessiert wären.

      • @Dudel Karl:

        Sie haben vllt. schon einige meiner Kommentare gelesen, und können erkennen, dass ich hier geballt Zynismus, Ironie und Sarkasmus "eingesetzt" habe. (Ich hasse Emoticons.)

         

        Sind halt so Gedanken darüber, wie (manche) Menschen so denken. Und Menschen, die in der Lage sind zu foltern, denen sind nicht nur Erkenntnis und die Wahrheit egal.

         

        Über die Persönlichkeitsstruktur von jungen Menschen, die ins Juristenfach streben, eine generelle Aussage zu treffen, halte ich für ausgeschlossen.

  • Deutsche Juristen, gewöhnliche Normalos?

     

    Hans Josef Maria Globke

     

    Aus gutbürgerlichen deutschen Haus kommend hatte er nach dem Abitur 1916 im 1. Weltkrieg als Offizier gedient. Nach Kriegsende nahm er ein Studium an den Universitäten Bonn und Köln auf und schloß sein Rechts- und Staatswissenschaftsstudium mit Promotion ab.

     

    Im preußischen Innenministerium -- am 23. Dezember 1932 (!) -- verfasste Globke eine für den inneren Gebrauch bestimmte Anordnung, wonach die Genehmigung von Namensänderungen zu untersagen sei, sofern Juden damit ihre jüdische Abkunft zu verschleiern versuchten.

     

    1934 legten die Kapitalfaschisten (Nazis) das Preußische mit dem Reichsinnenministerium zusammen, wo Globke bis 1945 -- zuletzt als Ministerialrat -- tätig sein sollte.

     

    Als Koreferent beschäftigte sich Globke mit "Allgemeinen Rassefragen", und u. a. um Angelegenheiten im Zusammenhang mit dem "Blutschutzgesetz".

     

    Globke, der Schreibtischmörder der deutschen Kapitalfaschisten und Rassisten, war einer der höchsten Beamten in der BRD unter Bundeskanzler Konrad Adenauer.

     

    Es gab einige wenige Versuche in der Bundesrepublik Deutschland, Globke strafrechtlich zur Verantwortung zu ziehen. Diese Verfahren wurden jedoch stets eingestellt bzw. Zeugen als unglaubwürdig denunziert. --

     

    So kam beispielsweise Globkes Mitwirkung zur Sprache, wodurch 1943 der Versuch des Internationalen Roten Kreuzes, 10.000 jüdische Frauen und Kinder in Griechenland vor der Vernichtung zu retten, zunichte gemacht worden war. --

     

    Inzwischen sind auch umfangreiche Dokumente über die Rolle Globkes beim Aufbau der BRD-Stasi: des Bundesnachrichtendienst (BND), des Verfassungsschutzes (BfV) und der Bundeswehr aufgetaucht.

     

    Brave, treu-deutsche Jura-Normalos.

    • @Reinhold Schramm:

      sehr apart auch die Vita des Arno von Lenski: Im Nationalsozialismus Richter am Freislers Volksgerichtshof und in der DDR dann später General.

      https://de.wikipedia.org/wiki/Arno_von_Lenski

      • @Arcy Shtoink:

        Wollen Sie damit von der post-kapital-faschistischen Administration im BRD-Staats- und Wirtschaftsapparat ablenken und die antifaschistische Minderheit in der DDR (-- die zudem in ihren antifaschistischen Bemühungen gescheitert ist bei der Mehrheit der Erwachsenen-Bevölkerung der Ostdeutschen --) mit den deutschen Faschisten gleichsetzen?

         

        Sie sind offensichtlich -- in alter deutscher Tradition -- ein Schüler des Antikommunismus (-- verdeckt hinter einer bürgerlich-ideologischen Nebelwand).

        • @Reinhold Schramm:

          Typisch Grüner Reaktionär halt. Im Zweifelsfall biegen die alle nach Rechts ab.

          • @Dudel Karl:

            @Reinhold Schramm Ach Gottchen, welch stramme Verteidigung von NS-Richtern am Volksgerichtshof? Sind solche Nazen-Arschlöcher auf der "richtigen Seite" nun auch Helden des Proletariats? Was für ein Sozialismus soll das den sein, der da verteidigt wird? Nationaler DDR-Sozialismus, gar Nationalsoszialismus? Bei solch einem Pseudokommunismus ist man doch gerne "antikommunistisch" und "reaktionär" ;-), Worthülsen übrigens die im Zusammenhang mit Lenski verlogen ohne Ende klingen.

            • @Arcy Shtoink:

              Sie dürfen das nicht so eng sehen. Herr Schramm bedient sich ausschließlich im Worthülsen-Agitpropan-Regal der Diktaturen. Hier ist es die Staatssprache der DDR, eine ideologische Unsprache, die nicht die Gerechtigkeit des Einzelnen kennt sondern Ideale, die keineswegs so menschefreundlich sind, wie sie es vorzugeben gedenkt. Poshlost eben. Es ist die gleiche "Arbeit-macht-frei"-Sprache, die ihre Ideologie zum Prinzip erhebt.

               

              Beschluß des Politbüros des ZK der SED vom 7.11.1972 über die Aufgaben der Agitation und Propaganda bei der weiteren Verwirklichung der Beschlüsse des VIII. Parteitages:

              »Agitation und Propaganda haben die Aufgabe, den Antikommunismus, dieses politisch-ideologische Hauptinstrument der imperialistischen Bourgeoisie, den bürgerlichen Nationalismus, den Sozialdemokratismus, den Revisionismus und den 'linken' Opportunismus mit unseren überlegenen geistigen Waffen aus dem Felde zu schlagen. Die Einheit und Reinheit des Marxismus-Leninismus ist gegen alle Angriffe konsequent zu verteidigen.«

  • 1G
    1393 (Profil gelöscht)

    Ich hätte mir im Artikel gewünscht, dass z.B. anhand der veröffentlichten Folterberichte der CIA offengelegt wird, dass Folter go gut wie keinen Nutzen hat. Anstatt dessen wird nur der Fall Daschner angesprochen, die Ausnahme, wo Folter (bzw. die Androhung) möglicher weise ein Leben gerettet hat. Und in diesem Fall, so einfach Rath in dem Artikel über Daschner Urteilt, hätte ich Daschner die Füße geküsst, wenn es mein Kind gewesen wäre. Schlechter Artikel, wo es sich der Autor allzu einfach macht und sehr einfältig über die Studenten urteilt.

  • Es ist nichts Neues, dass Jurastudenten in den ersten Semestern gerade im strafrechtlichen Bereich häufig noch sehr schwarz-weiß denken und ihren Idealismus in harte - und teilweise überharte - Wertungen umsetzen. Über diese "Kopfgeldmentalität" amüsiert sich die Fachwelt schon seit jeher.

     

    Erklären kann man das vielleicht damit, dass diese Schulabgänger sich gerade an die juristische Denke gewöhnen, die darauf gerichtet ist, am Ende trotz aller Komplikationen immer zu einem klaren "Ja" oder "Nein" zu kommen, und noch wenig Gefühl für Grauzonen und rechtspolitische Überlegungen haben. Außerdem zeigen sie wenig Sympathie mit Tätern, wahrscheinlich auch weil es in den akademischen Beispielsachverhalten aus didaktischen Gründen besonders zu Anfang recht blutrünstig zugeht und selten Unsicherheiten darüber bestehen, ob ein Täter wirklich Täter ist. Als Resultat wird Justitias Schwert dann gerne mal etwas überscharf geschliffen.

     

    Das gibt sich aber alles mit der Zeit - so sehr, dass der fertig ausgebildete Praktiker sich vom Volkszorn am Ende häufig vorhalten lassen muss, zu rücksichtsvoll mit Verbrechern umzugehen und den Opferschutz zu vernachlässigen. Es ist halt unfair, Anfänger eines Fachs schon mit den Problemfragen der Metaebene zu konfrontieren (davon reden wir hier, da Folter und Todesstrafe unfraglich NICHT von dem Recht gedeckt werden, dessen Anwendung diese jungen Menschen studieren).

    • @Normalo:

      "Über diese "Kopfgeldmentalität" amüsiert sich die Fachwelt schon seit jeher.

       

      Da ist aber nix zum Amüsieren. Mit solchen Leuten baut man Unrechtsstaaten auf. Denn die Kopfgeldmentalität ist m.E. vor allem eine Charakterfrage, auch wenn zunächst eine äußere Anpassung an das bestehende System stattfindet: Der innere Kopfgeldjäger ist reaktivierbar und steht damit potenziell auch einem diktatorischen Regime zur Verfügung.

      • @Dudel Karl:

        Und wie wolltest du das umgehen? Charakter und Gewissenstest am Eingang zum Studium an Leuten von denen sowieso nur 1/3 am Ende erfogreich herauskommt?

         

        Wäre einzig interessant um zu sehen, welcher Charakter für das Studium am besten ist.

         

        Um aber die potentiellen Täter einer möglichen zukünftigen Diktatur auszusotieren, ist es völlig ungeeignet, da du damit im Endeffekt das was du verhindern willst, einführst:

        Die Auslese nach Ideologie

         

        Zudem ist es eben nicht objektiv messbar und allen humanistischen Werten nach, abänderbar, diese Kopfgeldjägermentalität.

         

        Wenn dem nicht so wäre, gebe es keine Hoffnung für die Menschheit, denn der einzelne könnte sich nicht, oder nur zum schlechteren verändern.

        • @Pleb:

          Jede schlüssige Ideologie, die Folter ablehnt, ist richtig und somit als Auswahlkriterium tauglich.

           

          Es ist sehr wohl feststellbar, wie jemand drauf ist und auch entsprechend einsortierbar, jedenfalls wird es ja mit anderen Gruppen so praktiziert. Oder glauben Sie, daß z.B. Salafisten so ohne weiteres Jura studieren könnten? Die müssen froh sein, wenn man ihnen nicht bald den Ausweis abnimmt.

      • @Dudel Karl:

        Was ich verdeutlichen wollte, ist, dass es sich eben in den meisten Fällen nicht wirklich um eine grundsätzliche Mentalität handelt, sondern eher um eine vorübergehende Überzeichnung am Anfang eines Lernprozesses, die durch diesen selbst bedingt ist. Die amüsierte Fachwelt ist da im Zweifel auch durchgegangen und hat es später erst gelernt, auch die groberen juristischen Werkzeuge (unmittelbarer Zwang, Höchststrafen etc.) mit mehr Bedacht einzusetzen.

        • @Normalo:

          Wer mit Anfang 20 und nach Abitur noch nicht verstanden hat, daß und warum Folter wie auch Todesstrafe in Deutschland nicht offiziell erlaubt sind, der bringt die grundlegendsten Voraussetzungen nicht mit. Da wäre wohl mancher Hauptschulabgänger besser geeignet.

  • Wow. Das ist heftig.

    Ich habe mal einen Film gesehen, der die Frage recht brutal beleuchtet.

    "Unthinkable"

     

    Ich glaube, daß man durch Folter einen Bruchteil einer Wahrheit herausbekommt. Bei Menschen die allerdings jemanden für irgendetwas bezahlen lassen wollen ist es sinnlos, weil sie meist alles auf der Welt für Ihre Anschauung opfern würden.

     

    Die Auswahl von Folteropfern ist meist zwar nicht willkürlich, so zumindest doch fehlerbehaftet.

     

    Und aufgrund dieser Unsicherheiten sollte man nicht foltern. In keinem Fall.

     

    Jetzt kommt natürlich noch die persönliche Ansicht: Sollte jemand meiner kleinen Tochter oder meinem noch kleineren Sohn etwas zuleide tun und ich dieser Person habhaft werden, wird er leiden. Sehr sogar.

    Und ich weiß, daß es falsch ist.

    Aber bei Juristen, die von Berufs wegen eine Blick aus der Meta-Ebene auf Straftaten haben sollten, darf sich so eine Meinung nicht festsetzen. Der Zweck rechtfertigt die Mittel. Wenn man diese Gedanken erst zulässt, waren die Taten der RAF auch gerechtfertigt. Straftaten durchführen, um subjektive Bedrohungen zu verhindern. Und schon sind wir bei Reinhold Schramm.

     

    Aber die Denke dahinter ist recht einfach: Wenn unser großer Demokratielehrer und -vorbild ohne weiteres UNO Vereinbarung ausser Kraft setzen darf, kann es nicht schlecht und unter gewissen Umständen nötig und sogar erlaubt sein. (Der mußte jetzt sein. Noch'ne kleine Prise Anti-Amerikanismus.)

  • Wie unglaublich realitätsfremd und menschenfeindlich? Die können gelich beim IS oder NSU anheuern...

     

    Denn mit Folter begibt man sich auf das Niveau o.a. Kriminellerund Faschisten.

     

    Schließlich wurd Folter nicht zuletzt auch deshalb aufgegeben, weil auch der Letzte gemerkt hat dass das die Wahrheitsfindung durch unbeweisbare Aussagen nur behindert.

    Vom Humanistischen Ansatz ganz abgesehen.

    • @KarlM:

      Der Humanist in Ihnen bricht durch. Mir kommt ein Tränchen der Rührung. Wären Sie doch mit allen Opfern staatlicher Gewalt so mitfühlend...

      • @Dudel Karl:

        Bin ich auch, nur werfe ich nicht so demonstrativ mit Empathie um mich.

    • @KarlM:

      Wir reden von Studienanfängern. die sollte man ersteinmal ihr Handwerk lernen lassen, becor man sie an ihren Antworten auf solche Fragen misst. Nur weil Jura ein Fach ist, über dessen Wirkungsgebiet auch Laien regelmäßig dezidierte Meinungen haben, kann man nicht erwarten, dass diese Studenten bereits fit fürs Verfassungsgericht wären.

       

      Die Abwägungen hinter der Frage nach der Legitimität von Todesstrafe und Folter mögen auf emotionaler Ebene recht einfach zu treffen sein. Aber juristisch sind sie hoch komplex und auch noch politisch überlagert. Es ist ein wenig, als würde man einen jungen Architekturstudenten z. B. fragen, was nach seiner Meinung die höchste Höhe ist, die ein Gebäude sinnvollerweise haben könnte - und eine präzise Anwort erwarten.

      • @Normalo:

        Wer m it Anfang 20 und Abitur noch nicht soweit ethisch gebildet ist, daß er Folter rundweg ablehnt, wird´s auch später nicht mehr. Es ist nicht eine Frage jurstischen Fachwissens, sondern eine Frage des Charakters.

        • @Dudel Karl:

          Zumindest der verdacht sollte aufkommen dass das keine gute Idee und einer genaueren Abwägung wert ist?

        • @Dudel Karl:

          Sie machen es sich augenscheinlich recht einfach, indem Sie nur das Unding der Folter an sich betrachten. Was ist aber z. B. mit dem Entführungsopfer, das völlig unschuldig ist und eventuell sein Leben verliert, weil man ja dem armen Soziopathen, der es entführt hat, nur ja kein Härchen krümmen will? Ich steuere Mal - nur als Beispiel - gegen: "Wer mit 20 noch nicht kapiert hat, dass das Leben eines Menschen mit allen Mitteln zu schützen ist, der wird auch später nur technokratische, lebensverachtende Urteile fällen..."

           

          Wenn Sie in der Juristerei absolute Aussagen machen, wie "Folter rundweg abehnen", dann müssen Sie sich immer ohne Gewissensbiss den Satz "...koste es , was es wolle!" mit allen denkbaren Folgen dahinter denken können. Sonst haben Sie die Problematik nicht erfasst.

           

          Konkreter: Selbst wenn Sie sich in die Situation z. B. des Vaters von Jakob v. Metzeler versetzen und trotzdem immer noch gutheißen könnten, dass eine Chance zur Rettung Ihres Sohnes wegen der vorgehenden Rechte des Entführers als Beschuldigten vertan wird, müssten sie doch immerhin eingestehen, dass das dem Jungen gegenüber eine ziemlich gnadenlose Einstellung ist. Ich möchte jedenfalls NICHT in den Schuhen des Beamten stecken, der an dieser Stelle die heren rechtsstaatlichen Prinzipien aufrecht zu erhalten hat.

           

          Und ganz ehrlich: Wer diese Abwägung für simpel und ihr Ergebnis für selbstverständlich erklärt, der hat entweder das Szenario nicht zuende gedacht - oder er sollte möglichst die Finger von der Juristerei lassen.

      • @Normalo:

        Wusste garnicht das man nun schon Anfängern zutraut den Schutzzweck einer Norm beurteilen zu können?

         

        Eine Standortbestimmung die sich mit Erkenntnisgewinn verändert, ists allemal.

        • @KarlM:

          Wenn man sich darüber erregt, dass Anfänger noch nicht den vollen rechtspolitischen Durchblick haben, ist so eine Erwartungshaltung zu unterstellen, würde ich sagen. Das mit der "Standortbestimmung" wäre ok, wenn es nicht so hochgejazzt würde ("Comeback der Folter").

          • @Normalo:

            Im Konzert der Überschriften klingts natürlich dramatischer.

             

            Mir ist es auch lieber das im Studiumsverlauf eine Position entwickelt und überdacht wird.

  • 7G
    738 (Profil gelöscht)

    Das erinnert mich an die Zeiten, als Wehrdienstverweigerer mit Horrorszenarios konfroniert wurden, die mit einer Schusswaffe gelöst werden können. Wer sich dann dafür entschied wurde abgelehnt.

    Kein Mensch weiß, wie er in einer Extremsituation reagiert, ich habe schon Pazifisten schießen sehen und Soldaten verweigern. Solche Umfragen sind Salonumfragen und haben keine Aussagewert.

  • Also in den 80igern ist in der BRD gefoltert worden nur weil man nicht den richtigen Zwangsdienst geleistet hat. noch fragen boshkas ?

  • Die national-deutschen Jura-Studenten und akademischen Juristen vor 1933 und in ihrer großen Mehrheit nach 1933 waren auch dafür, nicht wenige im SS-Korps und nach 1945 bzw. nach 1948/49 im westdeutschen Staats- und Beamtendienst, -- bis in die Ministeriums- und Wirtschafts- Führungs-Spitzen ihrer 'freiheitlichen' und 'demokratischen' Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung. Nicht wenige waren Dr.- Prof.-Ausbilder für den akademisch-juristischen Nachwuchs. Das hat bis heute seine ungebrochenen Folgen in den Köpfen der akademischen Bildungs- und Wohlstandskinder (Ausnahmen bestimmen nicht die Regel).

    • @Reinhold Schramm:

      Das dürfte in Ostdeutschland nicht anders ausgesehen haben. Ganze VEBs wurden mit Nazis aufgefüllt.

       

      Beispiel Schwermaschinenbau-Kombinat „Ernst Thälmann“: Bei der Gründung des Kombinats lag nahezu die gesamte Führung in den Händen ehemaliger Nationalsozialisten. Eine SED-interne Analyse vermeldet 1953: „Hier erstreckt sich die ehemalige NSDAP-Zugehörigkeit auf alle einflußreichen Stellen des Betriebes, angefangen vom Werksdirektor, seinen Stellvertretern, den Direktoren, Assistenten, über den Dispatcher, Lohnbuchhalter und Oberbuchhalter bis zum Angestellten."(http://de.wikipedia.org/wiki/Schwermaschinenbau-Kombinat_%E2%80%9EErnst_Th%C3%A4lmann%E2%80%9C)

  • Au weia...

     

    Manchmal, da koennte man fast glauben.

    Babel, das ganze unverstaendliche Gerede.

     

    Kein Verstand, kein Begriff von dieser Sache und irgend einer anderen.

     

    Sinnloser Konsum, maximal, von was?

    ? Tabletten gegen Krankheit? Das waere doch gut... Essen, gegen Hunger, das waere auch gut...

     

    Irgendwas mit Gauck, Werte gut, aber nur geheuchelt?? Welche Werte ?

     

    Aber es stoert etwas, soviel ist sicher. Nur, was ? Ohne diese Bennung des Stoerenden, soviel Aufwand muss schon sein, ist der ganze Text narzistische Selbstbefriedigung!

     

    Ich brauche aber jede Hilfe. Bitte streng dich an, Karl.

     

    Vielleicht hilft Musik:

     

    http://www.metrolyrics.com/hail-live-anouk-ml-video-uag.html

    • @Francesco Nordmann:

      Das musste einfach mal sein. Ich erklär's nicht, aber ich bitte um Verzeihung für die Unverständlichkeit. Ich danke dir für dein Bemühen, das inhaltlich zu ergründen. Hihi. Aber es ist nicht narzisstisch. Bei mir ist Narzissmus keine Neurose, sondern berechtigter Unmut über die Verkennung meiner Größe.

  • Nicht nur junge (Erlanger) Jurastudenten haben ein Problem damit, die umfassenden Folterverbote zu akzeptieren. Im Falle der Entführung eines bereits verstorbenen Bankierssohnes sprachen sich auch ältere, erfahrene deutsche Juristen, teils in hohen staatlichen Positionen, ungestraft für ihre Wiedereinführung aus.

    Und als ein stellv. Polizeipräsident dem Tatverdächtigen unter Androhung von Folter den Aufenthaltsort des (bereits verstorbenen) Entführungsopfers abpressen wollte, wurde er dafür nicht wegen Aussageerpressung (Verbrechenstatbestand = Entfernung aus dem Dienst, Pensionsverlust) bestraft, sondern freundlicherweise nur wegen versuchter Nötigung.

    Diesen juristischen Fehler sollte sich ein Examenskandidat besser nicht erlauben. Er würde, anders als der stellv. Polizeipräsident, danach jedenfalls keine Karriere machen.

  • Da es in unserer ach so reifen Demokratie üblich ist, auf ein Gefühl der Bedrohung oder auch nur Verunsicherung Gewaltfantasien herauszukrakeelen und sich ansonsten dem maximal sinnlosen Konsum zu verschreiben, ist dieses Ergebnis nicht weiter verwunderlich (das übrigens zur Zeit seiner Erstveröffentlichung nicht eine Gegenmaßnahme seitens unserer Gauckpathetiker und Werteheuchler gezeitigt hat. Wer seine pastoralen Reden für Rüstungsfritzen hält, ist mit schleimigen Formulierungen zu beschäftigt, um sich noch um gefährliche langsame Entwicklungen zu kümmern. Der Rest der Mischpoke interessiert sich eh nicht für Menschen, sondern für - was weiß ich). Hauptsache, am Ende war's wieder keine Absicht, dass Perverse unsere tatsächlichen und ihnen unbequemen Werte zernagen. Lieber krakeelen als denken. Der Prozess, der nötig ist, um Menschen und reine Objekte auseinander zu halten, ist etwas aufwändiger zu verwirklichen als durch mediales Aufeinanderhetzen von Menschen (immer schön gescripted und unter Einsatz gezielter Verstörung der Akteure) und das Credo des grenzenlosen Shoppings als Garant unserer westlichen Werte. Eine zynische Gesellschaft, die auch in ruhigeren Zeiten nichts anderes tut, als sich das nächste Opfer zur narzisstischen Selbstbefriedigung zu suchen, kann den Wert und die Bedeutung solcher rechtlicher Tabus niemals begreifen, denn dazu müsste man von sich selbst absehen können. Diese jungen Leute sind keine besondere Gruppe, jede Wette. Sie sind das Volk.

  • Körperliche Strafen sind unsererKultur auch nicht fremd. In Mozarts Zauberflöte spricht der Hohe Priester über den Mohren der es gewagt hatte sich in eine Weiße zu verknallen: "gebt diesem Ehrenmann sogleich siebenundziebzig Solenstreich".

    Die Oper wird heute noch so aufgeführt!!!

  • "Weitere 29,2 Prozent der Befragten akzeptierten Folter zumindest „zur Abwehr schwerster Gefahren für die Allgemeinheit“, etwa bei drohendem Einsatz von Massenvernichtungswaffen durch Terroristen" ( Quelle: http://taz.de/taz-Dossier-Comeback-der-Folter/!153048/ )

     

    Juristen sind Verteter des Rechts. Das hat mit Menschenfreundlichkeit nichts zu tun. Weder der drohende, noch die taegliche Praxis des Einsatzes von Massenvernichtungswaffen stoert diese zukuenftige Elite, eine der 3 Saeulen der demokratischen Staatsorganisation.

    Wer als angehender Jurist auch nur im Verdacht steht Staatsgewalt als Straftatbestand zu betrachten, auch nur theoretisch, kann sich gleich exmatrikulieren. Sicher, im Namen der Menschenrechte, da ist Kritik moeglich. Aber wer soll das Recht denn dann setzen, garantieren? Eben, ausgerechnet die Instanz, welche gerade eben noch als zu beschraenkende Gewalt, als Ursache eines Schadens fuer "das Volk" identifiziert wurde.

     

    Juristen sind nationale Aktivisten, theoretische Vollstrecker nationaler Gesetzgebung. Androhung von Gewalt ist hier als Tagesgeschaeft Berufsinhalt. Staatsgewalt ist die Voraussetzung des Rechts und Bedingung, die Voraussetzung der Judikative.

     

    Kaum findet ein Jurist eine Leiche, sieht er je nach geltender Gesetzeslage keinen Widerspruch darin, eine weitere, zweite Leiche in Auftrag zu geben. Das ist dann kein Mord sondern Gerechtigkeit. Ueberhaupt kommt es fuer Juristen schwer drauf an, wer da mordet.

    Soldaten zum Beispiel, sind keine Moerder. Im Gegenteil. Wer das behauptet ist ein Straftaeter.

     

    So. Mir reichts.

    • @Francesco Nordmann:

      jurastudenten - das sind im zweifel auch Ihre kinder.

  • Also der Sinn de Handabhackens ist ja, dass die Diebe dann ja nicht mehr klauen. Das ist vor allem präventiv sinnvoll.

    Auf diese Weise sollte auch die Einführung der Sharia in Deutschlands Schulen verhindert werden.

    • @nzuli sana:

      Nee. Zumindest in der europäischen Vormoderne kommt die Hand ab, weil damit das Verbrechen begangen wurde. Genauso kommen Schwurfinger ab, wenn man seinen Eid bricht. Hände, die falschmünzen, werden mit flüssigem Metall bestraft etc. Nennt sich Spiegelstrafen und zielt mehr auf die Wiederherstellung der Ordnung ab, als auf die Zukunft.