: Spezialbehandlung auf Wunsch von ganz oben
■ Vollzugshelferin mußte sich in Santa Fu zweimal nackt durchsuchen lassen
War es „nur“ eine völlig überzogene Maßnahme, fiese Schikane oder mehr? Bei einem Besuch im Knast „Santa Fu“ mußte sich die freie Vollzugshelferin Bettina H. völlig entkleiden und einer Leibesvisitation unterziehen. Das Rauschgiftdezernat hatte ohne konkrete Anhaltspunkte um die Durchsuchung durch den Knastsicherheitsdienst gebeten. GALier Manfred Mahr: „Ich halte die Maßnahme für eindeutig rechtswidrig.“
Bettina H. ist seit vier Jahren ehrenamtliche Vollzugshelferin und betreut in Santa Fu Strafgefangene – unter anderem auch den Insassenvertreter Armin Hockauf. Als sie diesen am 9. November besuchen wollte, erlebte sie eine böse Überraschung. Nach der normalen Durchsuchungsprozedur wurde ihr eröffnet: „Für Sie haben wir heute eine Spezialbehandlung vorgesehen, die von ganz oben angeordnet worden ist.“ Sie solle sich völlig entkleiden und durchsuchen lassen. Andernfalls werde ihr der Besuch bei Hockauf nicht gestattet. Unter diesem Druck ließ Bettina H. die zutiefst entwürdigende Visitation über sich ergehen.
Als die Vollzugshelferin während des Besuchs bei Hockauf eine Toilette aufsuchen mußte, dieselbe Prozedur: Wieder mußte sich Bettina H. ganz ausziehen und wurde noch einmal nackt untersucht. Völlig entnervt brach sie daraufhin den Besuch ab.
In einer Kleinen Anfrage verlangen die Grünen nun Auskunft über die Hintergründe des „schikanösen Vorgehens“ und wollen wissen, wer „ganz oben“ ist. GAL-Justizreferent Peter Mecklenburg: „Vollzugshelferinnen genießen Privilegien. Bevor sie einen Vollzugshelferinnen-Ausweis bekommen, müssen sie sich daher einem Personencheck unterziehen, werden durch die Polizei, Staatsschutz und Verfassungsschutz überprüft.“
In diesem Fall hatte, wie die taz erfuhr, ein Anruf des Rauschgiftdezernats ausgereicht, um die Leibesvisitation auszulösen. Mecklenburg: „Die Frau macht seit vier Jahren unbeanstandet ihre Arbeit. Ohne richterliche Anordnung hätte eine solche Maßnahme nicht vollzogen werden dürfen.“
In der Justizbehörde bewertet man den Vorfall nach taz-Informationen ähnlich und wird die Santa Fu-Vollzugsleitung anweisen, ohne richterlichen Beschluß künftig Derartiges zu unterlassen. Offiziell war allerdings gestern keine Stellungnahme zu bekommen. Behördensprecher Jürgen Weinert: „Es liegt eine Dienstaufsichtsbeschwerde vor, daran wird gerade gearbeitet. Ich will der Sache nicht vorgreifen.“
Kai von Appen
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