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Bundesanwaltschaft: Gegen Deckert neu verhandeln

■ BGH urteilt nächste Woche über Revision

Karlsruhe (dpa) – Der Bundesgerichtshof (BGH) wird am Donnerstag nächster Woche über die Revision des Deckert-Urteils entscheiden. Das gab der Vorsitzende des 1. Strafsenats, Günter Gribbohm, gestern am Ende der mündlichen Verhandlung bekannt. In dem Verfahren geht es um das weltweit mit Empörung aufgenommene Urteil des Landgerichts Mannheim vom Juni dieses Jahres.

Der Rechtsextremist Günther Deckert war zwar zu einer einjährigen Bewährungsstrafe verurteilt worden, das Landgericht hatte ihm jedoch gleichzeitig eine „charakterstarke, verantwortungsbewußte Persönlichkeit“ bescheinigt. In ihrer Revision verlangt die Bundesanwaltschaft die Aufhebung des Urteils und die Zurückverweisung zur Neuverhandlung an ein anderes Landgericht.

Bundesanwalt Günther Bieger warf dem Landgericht vor, es habe mit seiner Urteilsbegründung „Sympathie für die Person“ Deckert und „Verständnis für die Tat“ erkennen lassen. Damit sei die Besorgnis begründet, die Mannheimer Richter hätten den „Blick auf die Schuld des Angeklagten“ verstellt. Da ohne die „falschen Strafzumessungserwägungen“ das Urteil vermutlich härter ausgefallen wäre, müsse es im Strafausspruch aufgehoben werden.

Die 6. Strafkammer des Landgerichts hatte den aus dem Schuldienst entfernten Lehrer für schuldig befunden, im November 1991 in Weinheim einen Vortrag des US-„Hinrichtungsexperten“ Fred Leuchter übersetzt und sich mit dessen Aussagen identifiziert zu haben. In dem Vortrag war die Massenvergasung von Juden in Auschwitz mit der Begründung geleugnet worden, sie sei technisch unmöglich gewesen.

In den Urteilsgründen, die nicht nur in der deutschen Öffentlichkeit Entsetzen ausgelöst hatten, war Deckert unter anderem strafmildernd die „Tatsache“ zugute gehalten worden, „daß Deutschland auch heute noch (...) weiterreichenden Ansprüchen politischer, moralischer und finanzieller Art aus der Judenverfolgung ausgesetzt ist, während die Massenverbrechen anderer Völker ungesühnt blieben...“

Der Vertreter der Bundesanwaltschaft, Bieger, hielt dem Landgericht vor, in dieser Begründung sowohl durch die „Anreihung“ als auch durch die „Wortwahl“ eine eigene Meinung zu erkennen gegeben zu haben, die in die Richtung des Angeklagten gehe. Seite 4

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