■ beiseite
: Erhaltenswertes!

Jürgen Schitthelm macht Druck — Druck auf Gegendruck, denn der Schaubühnendirektor sieht die Existenz seines Theaters gefährdet. Nach einer überraschend vertagten Entscheidung des Hauptausschusses des Abgeordnetenhauses über die Tarifvorsorge für die privaten Theater der Stadt drohte er mit der Schließung des Hauses, falls der Tarifvorsorge nicht zugestimmt werde. Damit soll gewährleistet werden, daß Tariferhöhungen für festangestellte Mitarbeiter vom Land Berlin getragen werden. Der Ausschuß will darüber erst am 18. Januar entscheiden. Damit können die Zuwendungsverträge für die Bühnen nicht wie vorgesehen zum 1. Januar abgeschlossen werden. Betroffen von der Entscheidung wären unter anderem auch das Theater des Westens, das Renaissance-, das Hebbel- und das Grips-Theater.

Die Schaubühne, die gerade mit ihrer Handke-Inszenierung „Die Stunde, da wir nichts voneinander wußten“ ein Gastspiel in Paris begann, wäre nach Schitthelms Worten schon im nächsten Jahr akut gefährdet. „Wenn das am 18. Januar bei dieser Entscheidung bleibt, dann muß ich am 19. Januar Konkurs anmelden. Ich weiß genau, daß ich dann das kommende Jahr nicht überstehe, das ist absolut sicher, dann geht es nicht mehr weiter. Es ist das erste Mal in meinen 33 Jahren an der Schaubühne, daß man am Jahresende keinerlei definitive Entscheidung über das Geld des kommenden Jahres hat. Wie soll man das 260 Mitarbeitern erklären, die inzwischen um ihre Arbeitsplätze fürchten.“

1994 hatte die Schaubühne noch einen Etat von über 25 Millionen Mark. Bis 1998 soll dieser auf 24,2 Millionen Mark gesenkt werden. Davon müssen auch alle Erhöhungen der Sachkosten wie Müllabfuhr und Strom bestritten werden, für die es früher einen Nachtrag gab. Die Höhe der Tarifvorsorge hängt von den prozentualen Lohnsteigerungen ab, kann aber schon bei drei Prozent pro Jahr 700.000 Mark ausmachen. „Damit ist die Schaubühne konkursreif“, sagt Schitthelm, und: „Wenn das der Weg in die künftige Hauptstadt Berlin ist, dann kann ich nur sagen ,Gute Nacht, Marie‘.“ Auch ein geplantes Engagement des französischen Schauspielers Michel Piccoli im nächsten Herbst könne er damit bereits jetzt streichen.