: Politisch gebildet durch Zitelmann
■ Jungrechte durften einmal die staatlich finanzierte Wochenzeitung "Das Parlament" zusammenstellen
Noch sitzen sie nicht im Parlament, aber Das Parlament, die Wochenzeitung der Bundeszentrale für politische Bildung, haben sie bereits erobert: Die jungrechten Zitelmänner. Die November-Doppelnummer (45/46) des aus Steuergeldern finanzierten Blattes durfte der Kreis um den revisionistischen Historiker Rainer Zitelmann (FDP), der auch Welt-Redakteur und Ullstein-Lektor ist, gleich im Alleingang vollschreiben. Unter der Überschrift „Deutsche Streitfragen“ bleibt keines der neurechten Diskursthemen ausgespart: „Einordnung“ des Nationalsozialismus, Kritik an der „Westbindung“, „Überwindung“ von 1968, Wiedergewinnung von „Werten“ und „nationaler Identität“, Warnung vor „political correctness“ und „Multikultur“. Stolz wird der „Sieg“ der Totalitarismus-Theorie verkündet und an die „Gewichtigkeit“ der „Argumente“ des Auschwitz-Relativierers Ernst Nolte im Historikerstreit erinnert.
Die Konzeption der rechten Themenausgabe übernahm gemeinsam mit der Parlament-Redakteurin Claudia Schute der Junge-Freiheit-Autor Ansgar Graw. Der Mann, der beim revanchistischen Ostpreußenblatt volontierte, arbeitet momentan in der Pressestelle des SFB und ist als neuer persönlicher Referent des Intendanten Günther von Lojewski (CSU- nah) im Gespräch. Graw, der für eine Regermanisierung „Ostpreußens“ eintritt und auch in den rechtsaußen angesiedelten Publikationen Mut und Criticon schreibt, plädiert in seinen Veröffentlichungen dafür, einen „Schlußstrich“ unter die Nazivergangenheit zu ziehen. Graw hat in der Doppelnummer des Parlaments folgende einschlägig bekannte Autoren versammelt:
– Herbert Ammon, Publizist, schreibt in der nationalrevolutionären Postille Wir Selbst,
– Dirk Bavendamm, ein revisionistischer Historiker, der Roosevelt für den Zweiten Weltkrieg mitverantwortlich macht,
– Hans Eschbach, Redakteur beim Handelsblatt und Autor in Criticon,
– Uwe Greve (CDU), Autor in Junge Freiheit und Criticon, Unterzeichner des „Berliner Appells“, der sich gegen eine „antifaschistisch-demokratische Ordnung“ wendet,
– Eckhard Jesse, Historiker, er verteidigte Zitelmann in einer „Ehrenerklärung“ gegen Angriffe von Welt-Kollegen,
– Gunnar Sohn, Journalist, Autor von Criticon und Junger Freiheit, Unterzeichner des „Berliner Appells“,
– Wolfgang Templin, ehemaliger DDR-Bürgerrechtler, Autor der Jungen Freiheit, Unterzeichner des „Berliner Appells“, solidarisierte sich ebenfalls mit Zitelmann,
– Karlheinz Weißmann, Historiker und Criticon-Autor, schrieb das revisionistische Ullstein-Buch „Rückruf in die Geschichte“ und ist – wie Graw – auch in dem neuen rechten Manifest „Die selbstbewußte Nation“ vertreten.
Daß Das Parlament so gut mit den Zitelmännern kann, ist kein Zufall. Herausgeber der Zeitung und Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung ist seit August 1992 Günter Reichert. Er war früher Büro-Chef des CDU- Rechtsauslegers und Fraktionschefs Alfred Dregger. Reichert ist seit 1963 Mitglied der Bundesversammlung der Sudetendeutschen Landsmannschaft und saß auch im Präsidium des Bundes der Vertriebenen. Gleichzeitig ist er Bundesbruder der Deutschen Gildenschaft, einer elitären Kleinstgemeinschaft innerhalb der Burschenschaften, die eine maßgebliche Rolle bei der Entwicklung der jungrechten Wochenzeitung Junge Freiheit gespielt hat. Viele der Autoren der Jungen Freiheit stammen aus der Gildenschaft. Der taz sagte Reichert auf Nachfrage, daß die Frage der „Pluralität“ beim Parlament „insgesamt zu sehen“ sei. Üblicherweise würden pro Jahr um die 15 Themenausgaben produziert, wobei auch das linksliberale Spektrum zu Wort komme. Außer Ansgar Graw sei ihm keiner der Autoren der Ausgabe zu „deutschen Streitfragen“ bekannt.
Bleibt nachzutragen, daß die presserechtliche Verantwortung für die rechten Themenseiten ausgerechnet der Sozialdemokrat unter den drei leitenden Redakteuren (unter FDP, CDU und SPD quotiert) trägt. Johannes L. Kuppe sagte der taz, er sei mit der Ausgabe auch „nicht ganz glücklich“. Die Zusammenstellung der Autoren sei „nicht ausreichend repräsentativ“, was „hoffentlich so schnell nicht wieder passieren wird“. Anton Maegerle/Hans-H. Kotte
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