■ Kommentar: Revolutionsposse
Hamburgs Staatsapparat ist schwer malade. Hochverschuldet, ineffizient und demotiviert. Diese Diagnose wird mittlerweile nicht nur von Bürgern und ExpertInnen, sondern auch vom Patienten selbst gestellt. Und tatsächlich gelobt das Rathaus Besserung und verspricht „revolutionäre Veränderungen“ in der Verwaltung.
Leider kann der vorgetäuschte Aktionismus die tatsächliche Konzeptionslosigkeit nicht verbergen. Egal welches Politikfeld, ob Müll, Energie, Verkehr, Bildung, Wissenschaft oder Kultur – moderne und zukunftsgerichtete Dienstleistungskonzepte sucht man vergebens. Statt dessen geht es um Besitzstandswahrung in der Krise, Wagenburgmentalität hinter buntbemalten Worthülsen. Typisch dagegen ist es, an der Uni Stellen zu streichen, im überflüssigen Wasserkopf Hochschulamt aber alles beim alten zu belassen.
Zudem hat der konturenlose Reformeifer mit Demokratisierung und Bürgerbeteiligung überhaupt nichts am Hut. Die Anstöße aus den eigenen Reihen für wirkliche Veränderungen wurden gnadenlos abgeblockt. Ob ÖTV-Chef Rolf Fritsch, einer der wenigen Gewerkschaftsfürsten, die den Mut und die Kompetenz haben, an einem echten Umbau der öffentlichen Verwaltung mitzustricken, oder die Reformer-Gang von der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer JuristInnen – ihnen allen wurde die Tür vor der Nase zugeschlagen.
Wieder einmal verpaßt Hamburg eine historische Chance, die Not der Stunde zu einem kreativen Reformschlag zu nutzen. Die Betroffenen dürfen sich heute geehrt fühlen: Offensichtlich traute die Rathausetage ihnen echte Reformfähigkeit zu: Eine Attacke auf den Staatsapparat, die unbedingt verhindert werden mußte.
Florian Marten
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