: Epigonen der Commedian Harmonists
■ Stimmenorchester: Drei Vokalisten aus Florenz vertonen Weltliteratur
Die Commedian Harmonists haben es vorgemacht, Männergesang mit populären Melodien und ebensolchen Texten an den Rand der Stimmakrobatik zu treiben. Es gab und gibt einige Epigonen. „Trinovox“, das sind drei junge Vokalisten aus Florenz, bringen auf ihrem Debütalbum „Incanto“ (Jaro 4168-2) mit 16 Eigenkompositionen ein ganz neues Konzept zu Gehör. Schon ihr Repertoire – es besteht aus vertonter Weltliteratur, gesungen in den Orginalsprachen, darunter Hebräisch und Japanisch – setzt völlig neue Akzente. Doch was sie allen Ensembles voraus haben, ist der unerhört konsequente Schliff und verschwenderische Nuancenreichtum ihres stimmlichen Ausdrucks. Sie sind ihr eigenes Orchester, das allerdings ohne Begleitinstrumente auskommt. Jeder der Songs wird a capella gesungen, ohne overdubbing und doppelten Boden. Da rockt also ganz unvergleichlich das Gedicht „Cancion de Jinette“ von F. Garcia Lorca mit einem grunzenden Baß als rhythmischer Stütze, während „The Waning Moon“, von P.B. Shelley wie eine verklärte Hymne klingt. Aus dem Reservoir europäischer Kunst- und Popmusik schöpfend, hat Trinovox einen lässig-eleganten Stil entwickelt, der auch Abstecher zu Gesangstechniken des Jazz und der Avantgarde einschließt. Sein Reiz besteht darin, mit ausgetüftelten Arrangements voller überraschender Wendungen und Raffinesse, die auf schnellen Rollenwechsel der Stimmen bauen, eine Atmosphäre höchster Gefühlsintensität, ja geradezu von Würde und Schwerelosigkeit zu erzeugen. So legt Trinovox aus Musik gewebte Chiffongewänder um die Texte, die verhüllen und zugleich durch die Interpretation Konturen zeigen. Diese ultimative Balance von Text und Musik macht Trinovox zu einem Morgenstern am Himmel der Vokalmusik. Hans-Dieter Grünefeld
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