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"Alles Banane. Zur Mythologie des gelben Dings. Bananen-Art und Bananen-Alltag"

Das Medienecho war enorm. „Alles Banane. Zur Mythologie des gelben Dings. Bananen-Art und Bananen-Alltag“ – uff. Mit einem Titel plus zwei Untertiteln rief das Berliner Haus der Kulturen der Welt zu seiner jüngsten Ausstellung – und alle, alle kamen. Rund 600 Exponate hat der obsessive Frankfurter Bananensammler Wulf Goebel zur Verfügung gestellt: Fotografien, Kunstwerke, Filmausschnitte, Postkarten, Objekte, Modelle, mittels derer man in fünf Abteilungen, so die Ausstellungskonzeption, die kulturhistorische Bedeutung der Südfrucht umfänglich würdigen will: ihre botanische Entdeckung und Bestimmung; (koloniale) Produktionszusammenhänge in den Ursprungsländern; ihren europäischen Siegeszug, auch durch Werbung, Film, Musik und Erotik; ihre Rolle in der Kunst – und in der deutsch-deutschen Geschichte. Das alles ist mehr oder weniger vergnüglich anzusehen, und man begegnet vielen alten Bekannten: einem Stich von Marie Sybil Merian, alten Bananenreklamen, Andy Warhols Cover-Banane für Velvet Underground, Josefine Bakers anspielungsreichem Bananenröckchen, Replikaten aus jedem denkbaren Material und für jeden möglichen Zweck – und natürlich „Titanic“- Zonen-Gabi, die sich mit geschälter Gurke in der Hand über ihre erste Banane freut. Leider setzt die Ausstellung darauf, daß sich die Begeisterung und der Kenntnisreichtum des Sammlers auch beim unbekannten Bananenobjekt automatisch auf den Betrachter übertragen. An Texttafeln wurde ausnahmsweise einmal zu sehr gespart, und wer nicht das Glück hatte, Goebel erzählen zu hören, wird's nie erfahren: Die Ausstellung bleibt an vielen Stellen stumm. Die (nicht ausstellbare) Sammlungsgeschichte wird so plötzlich spannender als die Objekte selbst, deren Qualität einer allgemeinen Beliebigkeit ausgeliefert: Hauptsache Banane. Der Sammler als Ausstellungsmacher: Da hätte es – wahrheitsgetreuer und eine Nummer kleiner – auch der Titel „Banane – Die Sammlung Goebel“ getan. Man hätte sich viel gelassener auf die Suche nach den kleinen, beredten Details gemacht, von denen es dann doch eine Menge gibt. Jene Stilleben-Postkarten der Jahrhundertwende zum Beispiel, auf denen die Banane bereits „eingedeutscht“ ist: Friedlich ruht sie neben Fliederstrauß und Römer. bh

Bis 20.2.95 im HdKdW; Foto: Graffiti „Bananenkotzer“

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