: Dialektik
■ Fanny Müller:
Wenn man in Hamburg mit „Könn Sie (kannstu) mir ma eben...“ angesprochen wird, muß man furchtbar aufpassen. Es können ganz leichte Anforderungen gestellt werden, wie „...die Tüte da rübergeben“, „...beim Umzug helfen“, „...deine Jeansjacke leihen“ (die kriegt man allerdings auf keinen Fall wieder).
Bei den schweren Aufgaben aber schießt meine älteste Nichte regelmäßig die größten Vögel ab. Neulich kam sie völlig aus der Puste bei mir an, wehende Haare, wehende Röcke – wenn diese kurzen Stretchdinger wehen könnten.
„Tantchen! Ich muß ganz schnell in die Uni, hab aber letzte Woche nicht aufgepaßt, kannst du mir mal eben den dialektischen Materialismus erklären?“
Ich warf einen Blick auf die blauen Bände (Marx) und auf die gelben (Mao). Ich konnte. Eine solide politische Bildung bleibt einem fürs Leben.
„Eins teilt sich in zwei, Herzchen.“
„Au danke! Jetzt muß ich aber!“
„Es gibt aber auch noch die Nebenwidersprüche und...“.
Da war sie schon weg.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen