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: Das Schweinesystem

Das Lokalblatt für die CDU- Bezirke, einschließlich Potsdam, Der Tagesspiegel, „Tagesspitzel“ in der Studentenbewegung genannt, spricht immer wieder gerne von „Revolution“, besonders wenn es nicht um letzten Widerstand, sondern um neue Waren geht. Letztens ging es um das „Schweinesystem“ – einer Projektgruppe der Fachhochschule Nürtingen um Gerhard Schwarting. Deren neue Stallkonstruktion, so jubelte bereits die Zeit, sei geeignet, den Widerspruch zwischen Ökonomie (Massentierhaltung) und Ökologie (artgerechte Haltung) aufzuheben. Der Ruf des „Stallmissionars Schwarting“ drang schon bis nach Kanada und China. Daheim im Schwäbischen gibt es aber noch Widerstand: „Klapperkiste“ nannte die Topagrar seine Konstruktion. Das Fachorgan Schweinewelt hielt dagegen: „Schweinebett weiter auf der Siegerstraße“. Der Tübinger Regierungspräsident mußte bereits zwei engagierte Mitkämpfer, im Range von Fachreferenten, entlassen. Den einen, weil er am Patent des neuen Schweinesystems mitverdiente, den anderen, weil er den Bauern zum Nachbau geraten und damit zum Patentverstoß beigetragen hatte. Es ehrt den Erfinder, daß er selbst gelassener darauf reagierte: „Gute Ideen bleiben auf Dauer ohnehin kein Privatbesitz.“ Die Idee besteht einmal aus der energieeinsparenden, billigen Bauweise, was Förderungsmöglichkeiten eröffnet, dann haben die Tiere mehr Bewegungsraum, werden seltener krank und sind außerdem besser beschäftigt. Der Tagesspiegel erwähnt „Scheuerpfahl“, „Spielzeugkiste“, „Dusche“, „separaten Kotplatz“ und insbesondere die neuartige „Abferkelbucht“.

Nach Berechnungen einer Schweine-Erzeugergemeinschaft ist der Kosten-Nutzen-Faktor bei diesem neuen System höher als beim alten, was wiederum die Schnitzelpreise purzeln lassen könnte.

Dies kann jedoch letztlich weder im Gesundheitsinteresse der Schweine noch in dem der Endverbraucher liegen. Es kommt daher der Verdacht auf, daß der Tagesspiegel mit seiner „Revolution“ nur wieder mal in der ebenfalls in die CDU-Bezirke, einschließlich Potsdam, abwandernden taz-Ökoklientel wildern will. Sein Marktanteil in Berlin ist mittlerweile auf 10 Prozent gesunken. Helmut Höge