: Anzeige gegen Senator Wrocklage
Deeskalation als Straftat? Hamburgs Innensenator Hartmuth Wrocklage und der Leiter des Polizeieinsatzes in der Nacht zum 2. Dezember im Karolinenviertel, Wolfgang Keuffel, sind wegen Strafvereitelung und Strafvereitelung im Amt angezeigt worden – von zwei Nicht-Hamburgern. Der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Rüdiger Bagger: „Wir werden die Anzeige im Rahmen der Vorermittlungen prüfen.“
Die Ankündigung des Bezirks Mitte, die Bauwagenburg „Bambule“ in der Vorwerkstraße zu räumen, hatte vor zweieinhalb Wochen die heftigen Auseinandersetzungen ausgelöst. Generalstaatsanwalt Arno Weinert ließ nach dem Straßenkampf zwei Vorermitt-lungsverfahren einleiten. Mit ihnen soll geklärt werden, warum die Polizeiführung nicht eingriff, als sich rund 60 DemonstrantInnen in einer Schule verschanzt hatten.
Auf einer Sondersitzung des Innenausschusses der Bürgerschaft begründete der Hamburger Polizeidirektor Heinz Krappen das Vorgehen seiner BeamtInnen damit, daß wegen der unübersichtlichen Lage „Gefahrenabwehr Vorrang vor Strafverfolgung“ gehabt habe. Während der nächtlichen Unruhen, bei denen Autos in Flammen aufgegangen, Steine geflogen und Barrikaden errichtet worden waren, hatte es keine einzige Festnahme gegeben, obwohl 22 PolizistInnen im Laufe der Auseinandersetzungen verletzt worden waren.
Kritik mußte sich aber vor allem Innensenator Wrocklage gefallen lassen, weil er während der Unruhen mit vermummten ProtestlerInnen das Gespräch gesucht hatte, um die Situation zu beruhigen und weitere Angriffe auf die BeamtInnen zu verhindern. Die Mission hatte zwar Erfolg, doch CDU und Teile der Polizei sehen die Autorität des Rechtsstaats massiv untergraben. Denn Wrocklage hatte nach eigener Darstellung die Polizei gebeten, für die Unterredung ihr Vorrücken zu unterbrechen. Nach Informationen der „Welt am Sonntag“ wird polizeiintern kritisiert, daß das Senatoren-Gespräch mit den ProtestlerInnen endgültig das Eingreifen der Beamten verhindert habe: Wrocklage soll angeordnet haben, die bereits aufgebaute Polizeisperre vor der Schule sowie einen Lichtmastwagen zu entfernen. lno/mac
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