piwik no script img

Testkarnickel Patient

■ Klinikärzte und Pharmafirmen sollen Krankenkassen betrogen haben

Wuppertal (AP) – Die Serie der Affären in deutschen Krankenhäusern reißt nicht ab: Klinikärzte und Pharmafirmen stehen im Verdacht, die gesetzlichen Krankenkassen um mehrere Millionen Mark betrogen zu haben. Wegen dieser Vorwürfe ermittelt die Staatsanwaltschaft Wuppertal im ganzen Bundesgebiet, wie Der Spiegel in seiner heutigen Ausgabe berichtet. In 22 Kliniken sollen Mediziner nicht zugelassene Medikamente an Patienten ausprobiert und die Kosten für die Tests widerrechtlich bei den Kassen abgerechnet haben.

So entdeckte der Bundesverband der Allgemeinen Ortskrankenkassen, daß in den Geschäftsstellen aller gesetzlichen Krankenversicherer 450 Patienten die Kostenerstattung für eine Hautkrebsbehandlung mit dem Medikament Fiblaferon beantragt hatten. Vor allem bei Patienten der Hautklinik in Wuppertal registrierten die AOK-Angestellten dem Bericht zufolge eine auffällige Häufung von Anträgen auf Kostenerstattung für eine solche Behandlung. Das Interferon-Produkt der württembergischen Firma Dr. Rentschler sei nur für die Behandlung schwerer Viruserkrankungen, jedoch nicht für die Hautkrebstherapie zugelassen.

Nach Ansicht der Ermittler versuchen die Pharmafirmen auf diese Weise, die teuren und aufwendigen klinischen Tests zu umgehen, die für die Zulassung eines Präparats vorgeschrieben sind. Während die Staatsanwaltschaft laut Spiegel ihren Verdacht erhärtet sieht, erklärte die Wuppertaler Hautklinik, Beweise für einen Betrug seien „heute nicht erkennbar“. Auch die Pharmafirma Dr. Rentschler sieht keine „Anzeichen für Unregelmäßigkeiten“. Die Hautkrebsbehandlung mit Fiblaferon sei eine „offene Therapiestudie“. Wenn Ärzte das Medikament gegen Krebs einsetzten, bitte das Unternehmen sie um Erfahrungsberichte. Diese reine Dokumentationstätigkeit werde den Ärzten vergütet.

Dagegen werten Krankenkassen und Staatsanwaltschaft dem Bericht zufolge die „offene Therapiestudie“ als eine „Erfindung der Industrie“.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen