: Sozis gegen Schlußstrich
■ Ostdeutsche SPD-Politiker gegen eine generelle Amnestie für Stasi-Mitarbeiter
Bonn (AP/dpa/taz) – Ostdeutsche SPD-Politiker unter Führung des stellvertretenden Parteivorsitzenden Wolfgang Thierse haben sich gegen eine generelle Amnestie im Zusammenhang mit Stasi- Aktivitäten in der ehemaligen DDR ausgesprochen. Ein Schlußstrichgesetz „kann nicht Gegenstand unserer Politik sein und wäre gerade in dieser Zeit das falsche politische Signal“, heißt es in einer gestern in Bonn veröffentlichten Erklärung.
Die Gruppe ostdeutscher Sozialdemokraten, der neben Thierse die Justizminister von Brandenburg und Sachsen-Anhalt, Hans Otto Bräutigam und Karin Schubert, sowie die Bundestagsabgeordneten Hans-Joachim Hacker, Markus Meckel und Rolf Schwanitz angehören, knüpft künftige Amnestieüberlegungen zudem an eine Reihe von Vorbedingungen. So könne die Frage, ob Ende 1995 die Verjährungsfristen bei SED-Straftaten erneut verlängert werden sollten, nur nach sorgfältiger und öffentlicher Diskussion entschieden werden.
Ferner ist nach Meinung der Gruppe dringend geboten, daß die Überprüfung öffentlicher Bediensteter mit Hilfe von Stasi-Akten in den ostdeutschen Ländern und beim Bund vereinheitlicht wird. Voraussetzung für eine Versöhnung sei schließlich ein hinreichendes Bemühen des Staates um Wiedergutmachung und Rehabilitierung politisch Verfolgter. „Ein solches Bemühen ist durch die bisherige Gesetzgebung nicht gegeben“, heißt es in der Erklärung.
Wie aus Bonner SPD-Kreisen ergänzend zu hören war, soll die sogenannte Aussöhnungsdebatte im Januar erstmals offiziell auch vom Parteipräsidium geführt werden. Schwerwiegende Differenzen seien dabei nicht zu erwarten, hieß es. Eine abschließende Meinungsbildung soll danach im Parteivorstand herbeigeführt werden.
Die ehemalige DDR-Bürgerrechtlerin Bärbel Bohley hatte sich in einem taz-Interview dafür ausgesprochen, Kleinstraftaten aus der DDR-Zeit nicht mehr zu verfolgen und die bereits Verurteilten zu amnestieren. Im öffentlichen Dienst sollten nur Politiker und Bewerber für wichtige Ämter, nicht aber einfache Beschäftigte auf ihre Stasi-Vergangenheit überprüft werden.
Der SPD-Abgeordnete Markus Meckel schlug vor, erneut eine Enquetekommission zur Aufarbeitung der Folgen der SED-Diktatur einzusetzen.
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