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Waffenstillstand oder nur Peanuts

■ Carter: Bosnische Serben lassen ab 23.12. Waffen ruhen / Frieden nur ein Intermezzo?

Sarajevo/Berlin/Genf (rtr/dpa/taz) – In Bosnien wird es möglicherweise zwischen Weihnachten und Neujahr einen Waffenstillstand geben. Jimmy Carter erhielt bei seinem gestrigen Besuch von den bosnischen Serben sogar die Zustimmung für einen viermonatigen Waffenstillstand ab Freitag mittag 12.00 Uhr. Der selbsternannter „Präsident“ der bosnischen Serben, Radovan Karadžić machte ein Anhalten des Waffenstillstandes über den 31.12. hinaus jedoch davon abhängig, daß bis dahin eine Vereinbahrung über eine endgültige Beendigung aller Feindseeligkeiten erzielt wird. Eine solche Einigung macht die bosnische Regierung jedoch davon abhängig, daß die bosnischen Serben zuvor den Teilungsplan der internationalen Kontaktgruppe übernehmen. Das lehnte Kradžić bislang ab. Gegenüber Carter erklärte er gestern lediglich die Bereitschaft, den Teilungsplan als „Arbeitsgrundlage“ für weitere Verhandlungen zu nehmen. Die bosnische Regierung besteht aber darauf, den Teilungplan als „akzeptierte Grundlage“ für weitere Verhandlungen zu nehmen.

Der angebliche Erfolg der „privaten Sondierungsmission“ Carters löste international Verwirrung aus. Noch kurz vor Eingang der von den Agenturen als Eilmeldung versandten Nachricht hatte es ganz so ausgesehen, als sei der Ex-Präsident bei seinem Besuch in Pale gescheitert. Tatsächlich scheint Karadžić Carter ein Musterbeispiel serbischen Verhandlungsgeschicks geliefert zu haben: Noch am Montag abend hatte er jegliche Einstellung der Kämpfe von einer Veränderung des Teilungsplanes der internationalen Kontaktgruppe abhängig gemacht. Nachdem Carter dann gestern vormittag stolz verkündet hatte, in nur zwei Tagen einen viermonatigen Waffenstillstand erreicht zu haben, erklärte Karadžić gegenüber dem US-Fernsehsender CNN, das Angebot sei „nur die erste Phase einer allgemeinen Lösung“. Bis diese erreicht sei, würden die serbischen Truppen an allen Fronten die Initiative behalten.

Die bosnische Regierung hatte sich zu diesem Zeitpunkt bereits für den Waffenstillstand ausgesprochen – vorausgesetzt, daß die serbische Seite die im Kontaktgruppen-Plan geforderte Aufteilung der ex-jugoslawischen Republik anerkennt. Nach den Vorstellungen der aus Diplomaten der USA, Rußlands, Großbritanniens, Frankreichs und Deutschlands bestehenden Kontaktgruppe soll Bosnien im Verhältnis von 51 zu 49 Prozent zwischen Muslimen und Kroaten auf der einen und Serben auf der anderen Seite aufgeteilt werden.

Bosniens Ministerpräsident Haris Silajdžić räumte gar erstmalig die Möglichkeit eines Sonderstatus für die bosnischen Serben innerhalb eines bosnischen Staates ein. Demnach soll der Bevölkerungsgruppe das Recht zugestanden werden, „Sonderbeziehungen“ zu Serbien zu unterhalten. azu/rr Seiten 8 und 10

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