Beim Schlagstock-Einkauf abkassiert

■ Korruptionsaffäre: Einkäufer der Bereitschaftspolizei von Ausrüstungsfirma bestochen? Innenbehörde rechnet mit „erheblichem Schaden“ Von Kai von Appen

Hamburgs Polizei kommt aus dem Schlamassel nicht raus: Nach dem Polizeiskandal bahnt sich nun eine handfeste Korruptionsaffäre an. Der Ex-Einkaufsleiter der Hamburger Bereitschaftspolizei Werner L. (45) soll von der Ausrüstungsfirma „Sitek“ mit mindestens 10.000 Mark dafür belohnt worden sein, daß er überteuerte und zudem noch teilweise minderwertige Ausrüstungsgegenstände des Unternehmens kaufte. Staatsanwaltschaftssprecher Rüdiger Bagger: „Wir haben eine Hausdurchsuchung durchgeführt und umfangreiches Beweismaterial sichergestellt.“

Der Bestechungscoup war vor rund einem Jahr zunächst in Nordrhein-Westfalen aufgeflogen. Damals ermittelte die Staatsanwaltschaft Düsseldorf gegen Polizei-Einkäufer, weil diese ausschließlich Ausrüstungsgegenstände bei „Sitek“ gekauft hatten. Dafür hatten leitenden Polizeibeamten offenkundig Schmiergelder kassiert.

Schnell erkannten die Düsseldorfer Ermittler die bundesweite Dimension des Bestechungsskandals, denn auch in anderen Bundesländern war „Sitek“ gut im Geschäft: Obwohl der Schlagstock das Vierfache von dem der Konkurrenz kostet, und obwohl sich diverse Schutzausrüstungsgegenstände wie beispielsweise Schienbeinschützer als unpraktisch erwiesen, wurden die „Sitek“-Produkte dennoch bei vielen Bereitschaftspolizeien eingeführt.

In der vergangenen Woche holten die Anklagebehörden nun zum großen Schlag aus. In Schwerin, Hamburg und Baden-Württemberg sowie bei „Sitek“ in Wedemark (Hannover) fanden Hausdurchsuchungen statt. In Schwerin wurde gegen den Einkaufsleiter – einen Polizeidirektor, der in den vergangenen Jahren dreimal befördert worden war – sogar Haftbefehl wegen „Flucht- und Verdunkelungsgefahr“ erlassen. Nach Angaben des dortigen Staatsanwaltschaftssprechers Wolfgang Jäger soll er „eine fünfstellige Summe“ dafür kassiert haben, daß er bei der Aufrüstung der Schweriner Polizei auf Westniveau „Sitek“-Produkte eingekauft hatte.

Aber auch der ehemalige Hamburger Einkaufsleiter „Waffen und Gerät“ Werner L., der im Januar 1994 aus gesundheitlichen Gründen in den Ruhestand versetzt worden war, steht unter dringendem Tatverdacht, Schmiergelder angenommen zu haben. Bagger: „Es wird gegen ihn und seine Frau ermittelt, weil Gelder auch über ihr Konto geflossen sind.“ Das bei der Hausdurchsuchung aufgefundene Beweismaterial werde laut Bagger „derzeit intensiv ausgewertet“. Bagger weiter: „Es wird jetzt das Umfeld beleuchtet, ob es weitere Tatbeteiligte gibt.“

Innenbehördensprecher Peter Kelch bestätigt umfangreiche Ermittlungen der internen Ermittlungsgruppe Polizei. Kelch: „PS 3 unter neuer Leitung ermittelt mit allem Nachdruck und auf Hochtouren.“ Bislang gebe es aber keine Anhaltspunkte über weitere Tatbeteiligte. Und auch über das Ausmaß des Schadens, der durch die Korruptionsaffäre entstanden ist, kann die Innenbehörde noch keine Angaben machen. Kelch: „Der Schaden ist nach oben hin offen. Er kann aber erheblich sein.“ Tatsächlich wird damit gerechnet, daß er in die Millionen geht.