: Unterm Strich
Längst fällige Aufklärung hinsichtlich des bevorstehenden Weihnachtsfests wird uns durch den Islamischen Presse- und Informationsdienst IPID zuteil. „...möchten wir die Stellung der Person Jesu im Islam näher beschreiben“, heißt es in einem zugefaxten Schreiben. Informationen zur Lebensgeschichte Jesu, im Koran Isa genannt, findet man in 15 von insgesamt 114 Suren. An mehr als 70 Textstellen wird von Isa berichtet, am ausführlichsten in Sure 19 mit dem Namen „Mariam“. Dort heißt es, nicht unähnlich der Bibel: „Als die Engel sagten: ,Oh Mariam, Gott gibt Dir frohe Kunde mit einem Wort von Ihm, sein Name ist der Messias Isa, Sohn der Mariam‘“. Darauf sie: „Wie kann ich einen Sohn haben, wo mich kein Mensch berührt hat?“ Und jetzt wieder die Engel: „So ist Gott, Er schafft, was Er will. Wenn Er eine Sache beschlossen hat, spricht Er dazu ,SEI‘, und sie ist.“ So weit, so parallel, aaaaaaber, und jetzt kommt der Clou: Der Koran betont, daß Jesus durch seine außergewöhnliche
Geburt nur eines von vielen Zeichen göttlicher Allmacht ist, nicht anders als andere Geschöpfe. Der wortwörtliche Beweis: „Isa ist vor Gott wie Adam.“ Ergo: „Die Lehre von der Gottessohnschaft Jesu und der Trinität wird vom Islam abgelehnt.“ Da können Sie jetzt Ihre ganz eigenen Schlußfolgerungen draus ziehen.
Auf christlicher Seite ist allenfalls eine Häufung von Meldungen über das Schicksal von Gotteshäusern zu vermelden. So zum Beispiel, daß die Berliner Apostel-Paulus-Kirche – das ist, Sie erinnern sich, die 1894 nach Plänen des königlichen Baurats Franz Schwechten erbaute, die mit der 1964 eingeweihten Sauer-Orgel, in der es mit 1.200 Sitzplätzen immerhin zu stadionartigen Festlichkeiten kommen kann – am 29. Dezember 100 Jahre wird. Desweiteren heißt es hinsichtlich der Charlottenburger Epiphanien-Kirche und der dort installierten Orgel etwas profan, daß sie nach dem diesjährigen Weihnachtsorgeln für ein Jahr zur Firma Voigt nach Bad Liebenwerda kommen wird, wo sie „ihren endgültigen Klangreichtum erhält“ (dpa). Wenn die Epiphanien-Orgel allerdings die ist, von der einem – Doing! Doing! Doing! – in profaner Erleuchtung ein Lichtlein nach dem andern aufgeht, dann nix wie nochmal hin, all Ihr, die Ihr mühselig und beladen seid!
Alle Jahre wieder: die selben Lieder, die selben Themen – die selben Fragen. Sind's nicht schrecklich: Kaufwut, Weihnachtsblinklichter, soziale Kälte... Und: wie um Gottes Willen kam's denn nun auf die Welt, das Jesulein? Sturzgeburt, Sitzgeburt, Steingeburt? Letzteres haben wir hier ja in unserer letztjährigen Weihnachtsausgabe erschöpfend analysiert. Richard Laufner hatte die Geburtsforscherin Liselotte Kuntner ausgiebig darüber befragt. Das muß der Berliner Wochenpost entgangen sein: Sie druckte jetzt das ganze nochmal, diesmal allerdings als Fließtext. Alle Jahre wieder – die selben Themen, die selben Fragen.
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