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Italiens Spekulationsmaschinerie auf vollen Touren

■ Gibt es ein Übergangskabinett unter dem letzte Woche zurückgetretenen Korruptionsermittler Di Pietro? / Berlusconi ist schon wieder im Wahlkampf

Rom (taz) – Nach dem Rücktritt des Kabinetts Berlusconi kommt Italiens Spekulationskarussell voll in Fahrt. Nicht nur um die Namen möglicher Kandidaten für den Auftrag einer Regierungsneubildung, sondern auch über die Wahlchancen der einzelnen Parteien bei einer eventuellen Auflösung des Parlaments brodelt die Gerüchteküche.

Das populärste Gerücht: Der vor drei Wochen zurückgetretene Ermittlungsführer der Mailänder Staatsanwaltschaft, Antonio Di Pietro (45) soll ein Kabinett aus Fachleuten und außerparlamentarischen Notabeln führen. Das soll nicht von einer formellen Koalition unterstützt werden, sondern im Abgeordnetenhaus und im Senat nach möglichst breiten Mehrheiten für eine Reihe dringlicher Vorhaben wie Antitrust- und Mediengesetze suchen und nach deren Verabschiedung Platz für Neuwahlen machen.

Eine Lösung, die auf der einen Seite Linksdemokraten ebenso wie die Italienische Volkspartei (die Mehrheitsgruppierung der aufgelösten Democrazia cristiana) zufriedenstellen könnte wie die aus der bisherigen Allianz ausgetretenen Ligen. Und sie wäre andererseits auch von der Forza Italia Berlusconis und den Neofaschisten nur mit Mühe abzulehnen, hatten beide Parteien Di Pietro doch schon bei ihrer Regierungsbildung als einen Wunschkandidaten für politische Ämter bezeichnet und ihn auch nach seinem Ausscheiden aus der Staatsanwaltschaft zum Eintritt in die Politik aufgefordert.

Berlusconi seinerseits beharrt freilich auf Neuwahlen und bereitet sich auf seine Kampagne vor: Er will sich als Opfer finsterer Mächte und Komplottschmiede präsentieren, die ihm die Arbeit versaut und Italien geschadet haben. Dazu streut er Umfrageergebnisse, die seine Forza Italia derzeit auf über 30 Prozent und die Nationale Allianz auf über 15 Prozent sehen, zusammen eine Mehrung um mehr als zehn Prozent gegenüber dem Frühjahr 1994. Andere Umfragen allerdings sehen – angesichts des Mehrheitswahlrechts, wo der Kandidat mit den meisten Stimmen gewinnt – derzeit die Opposition im Verein mit den Ligen vorne.

Staatspräsident Scalfaro hat inzwischen seine Konsultationen eher als geplant begonnen und, wie es das Ritual will, zunächst seine eigenen Amtsvorgänger Leone und Cossiga gehört. Am Heiligen Abend will er die Präsidenten von Senat und Abgeordnetenhaus zu sich bitten und dann mit den Fraktionsvorstehern reden. Einen formellen Sondierungsauftrag für eine neue Regierung wird er dann entweder kurz vor oder nach Neujahr erteilen.

Siehe Seite 11

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