: Index on Censorship
Im August '94 erhielt die Schriftstellerin Lindsey Collen auf der Buchmesse in Harare, Simbabwe, den Commonwealth Writers' Prize, Region Afrika, für ein Buch, das genaugenommen nie erschienen und auch heute in keinem Buchgeschäft zu kaufen ist: den Roman „The Rape of Sita“. Was muslimischen Fundamentalisten recht ist, soll Hindufundamentalisten – und Ethno-Politikern aller Couleur – billig sein.
Nachdem Salman Rushdies Buch „Die Satanischen Verse“ aufgrund des Drucks der islamistischen Lobby in Mauritius verboten wurde, versuchten die Repräsentanten der mauritischen Hindus – immerhin 40 Prozent der Bevölkerung – ihre Position in der Ethno-Politik ihres Landes zu stärken. Im Dezember 1993 hatten sie einen Anlaß gefunden. Sie setzten die Regierung unter Druck, ein Buch zu verbieten, in dessen Titel eine vergewaltigte Frau den Namen einer Göttin trägt – deren Geschichte in der Hindu- Mythologie besagt, eben gerade nicht von ihrem Entführer vergewaltigt worden zu sein. Noch bevor das Buch ausgeliefert war, beugte sich der Premierminister dieser angewandten Literatur- und Religionswissenschaft, die um sich zu greifen scheint ... Lindsey Collen gab jetzt ihre Zustimmung zur Veröffentlichung eines längeren Auszugs aus ihrem Roman auf den „Index“-Seiten der taz und schickte uns auch einen der vielen Artikel, in dem ihr Roman, den in Mauritius keiner lesen kann, einer ausführlichen Würdigung unterzogen wird.
Aus Index on Censorship Nr. 22 ist ihre Stellungnahme zum „Fall“ abgedruckt. Aus dem neuesten Index-Heft Nr. 23 stammen die Beiträge von Bassam Eid und einem anonymen Aktivisten aus Oxford. Beide zeigen, daß gepflegte Vorurteile – in diesem Fall über palästinensische und britische Demokratie – selten ein guter Ersatz für den unzensierten Blick auf die Wahrheit sind.
With Seasonal Greetings aus London Uta Ruge
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