■ Schirm & Chiffre: BerliNet für Dummies (3)
Die Feiertage sind vorbei, jetzt wird's ernst. Genug theoretisiert, genug flaniert – heute wollen wir uns selber praktisch betätigen und das Netz mit einer selbstgebastelten Mail beschicken. Wow! Mit leicht feuchten Händen nehmen wir vor unserem Computerterminal Platz und rufen das Hilfsprogramm auf, das uns den Netzeinstieg eröffnet.
Doch bevor wir hier munter drauflos schreiben, müssen wir uns noch einige Essentials der Netz-Kultur vergegenwärtigen. Für Netze gilt, was für jedes komplexe soziale System gilt. Es gibt Regeln. Zum Beispiel sollten öffentliche Nachrichten nicht zu lang sein. Sie werden in Hunderten von Systemen verteilt und belegen Speicherkapazität. Langschweifiger „Datenmüll“ wird da nicht so gerne gesehen.
Außerdem gilt überall im Netz ein generelles Freundlichkeitsgebot. Schroffe, unhöfliche oder gar beleidigende Äußerungen sind verpönt. Hinzu kommt noch eine spezielle netzspezifische Etikette. Die „Netikette“ rät zum Beispiel zum angemessenen Gebrauch von „Emoticons“. Das sind aus Schriftzeichen zusammengesetzte Gesichter. Etwa
:-) [der „Smiley“]
oder
:-( [die mißmutige Variante]
(Wer nichts erkennt, der drehe mal die Seite um 90 Grad nach rechts und probiere es noch einmal.) Diese „Emoticons“ sollen immer da zum Einsatz kommen, wo ohne sie Mißverständnisse auftreten könnten. Da wir grundsätzlich ein heiterer Zeitgenosse sind, versehen wir unsere Nachricht also erst mal ausreichend mit Smileys
:-) :-) :-) :-) :-) :-)
Eine Geste, die uns freundliche Aufnahme im Netz sichern sollte. Jetzt suchen wir uns das Brett aus, in das wir unsere Nachricht schicken wollen. Sagen wir mal, wir nehmen „/bln/misc“. Dann tippen wir ein „b“, wie Brettnachricht, ein, füllen die „Betreff“-Zeile aus („taz: BerliNet für Dummies“) und schreiben dann diesen Text, den Sie gerade lesen. Nach dem Speichern erscheint ein Fenster: „Wollen Sie senden?“ – Todesmutig tippen wir ein „j“ ein. Und nun geschieht das Wunder: Das Modem beginnt klackernd zu wählen. Wir haben Glück :-) Der Telefonanschluß unserer Mailbox („Link-B36)“) ist frei. Die Verbindung wird hergestellt, und die Daten der Nachrichten fließen directement durch die Telefonleitung in den Mailbox-Computer am anderen Ende der Leitung.
P.S.: Peter aus Kassel schrieb im Brett „/CL/MAENNER/DISKUSSION“ folgende bemerkenswerte Zeilen zu unserem Thema – Sätze, die wir selbst nicht besser hätten formulieren können: „In absehbarer Zeit und mit zunehmender Benutzerfreundlichkeit wird das rechnergestützte Versenden einer Nachricht ebenso selbstverständlich sein, wie es einmal selbstverständlich war, einen Brief zu falten und in den Umschlag zu tun.“
Mit geradezu Marxscher Verve fährt Peter dann fort: „Verhinderbar ist diese Entwicklung nicht. Sie ist jedoch gestaltbar: nicht zuletzt von uns, hier und heute.“ Recht hat er. Bleibt nur zu hoffen, daß wir mit unserem dreiteiligen Crashkurs das Unsrige dazu beigetragen haben.
Herzlich grüßt :-) Martin Muser
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