Die Drecksarbeit für das gemeine Fußvolk

■ betr.: „Trickreich an die Front“, taz vom 20.12.94

Matthias Geis' Stellungnahme hebt sich wohltuend ab von dem, was zum Thema Bosnien in den vergangenen Wochen an anderer Stelle in der taz zu lesen war. Als nicht anerkannter Kriegsdienstverweigerer, der vor 16 Jahren (damals gab es noch die sogenannte Gewissensprüfung) 15 Monate lang die Bundeswehr von innen kennenlernen durfte, öden sie mich allmählich an, die wortgewaltigen, vor Betroffenheit triefenden öffentlichen Appelle der Daniel Cohn-Bendit, Freimut Duwe, Hans-Ulrich Klose und Co. Sie werden nicht müde, uns das Grauen im ehemaligen Jugoslawien vor Augen zu führen und nutzen jede Gelegenheit, einer militärischen Intervention seitens des Westens das Wort zu reden. „Wir“ dürften nicht länger abseits stehen, bekommen wir ständig zu hören, „die Deutschen“ könnten sich nach der Vereinigung und dem Ende des Kalten Krieges nicht mehr aus der Verantwortung stehlen.

Sie reden und schreiben von „wir“ und meinen doch immer nur die anderen, die Soldaten der Bundeswehr. Kein Daniel Cohn-Bendit, kein Freimut Duwe wird jemals seinen sicheren Schreibtisch verlassen, um in Bosnien höchstpersönlich für Frieden, Freiheit und Menschlichkeit zu kämpfen. Ihre Gesundheit oder gar ihr Leben zu riskieren, damit die Menschen in Bosnien überleben können, dazu sind diese selbsternannten Mahner und Kriegs-Analytiker selbstverständlich nicht bereit. Die Drecksarbeit, die sie mit wohlklingenden Worten zu rechtfertigen versuchen, soll das gemeine Fußvolk verrichten. Es wird Zeit, daß wir die Herren Cohn-Bendit, Duwe und Co. endlich beim Wort nehmen. Uwe Tünnermann, Lemgo