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■ betr.: „Signal für gemeinsame El ternverantwortung“, „Mitbestim mung als Bevormundung“, taz vom 22.12.94
„Familie“ ist nicht mehr die Vatermutterkind-Idylle aus der Margarine-Werbung: Jedes zweite Kind, das heute zur Welt kommt, wird nicht mit Mutter und Vater seine Volljährigkeit erreichen. Und jeder sechste Sprößling (im Westen = 11,6 Prozent, im Osten = 41,8 Prozent) startete 1992 ins Leben, ohne daß Mama und Papa verheiratet waren. Diese Kinder haben nach der Trennung ihrer Eltern nicht einmal ein Recht auf „Umgang“ – ein gräßliches Wort – mit ihrem Vater.
Dennoch wurde die „Reform des Kindschaftsrechts“ wieder einmal vertagt. Auch im UN-„Jahr der Familie“ 1994 haben unsere Kinder nach Trennung und Scheidung kein Recht auf „regelmäßige persönliche Beziehungen und unmittelbare Kontakte zu beiden Elternteilen“ bekommen, wie dies die „UN-Konvention über die Rechte des Kindes“ seit vier Jahren festschreibt. Denn dieser „Meilenstein in der Geschichte der Vereinten Nationen“ (Justizminister a. D. Klaus Kinkel) findet – dank einer Vorschaltklausel – in der Bundesrepublik „innerstaatlich keine unmittelbare Anwendung“. Ein weltweites Unikum!
Zwei Dinge wollen die Bonner Paragraphenmacher allerdings schon mal vorab regeln: Unverheiratete Mütter sollen nicht länger zwangsweise einen „Amtspfleger“ verpaßt bekommen. Und wenigstens im Erbrecht sollen die „nichtehelichen“ den „legalen“ Kids gleichgestellt werden. Makaberer Fortschritt: Wenigstens tote Väter ohne Trauschein sind richtige Väter. Bei den lebendigen dauert's ein bißchen länger. Andreas Schmidt, Hamburg, Autor von „Väter ohne Kinder – Sorge, Recht und Alltag nach Trennung und Scheidung“
Männer denken zuviel an sich und heute scheinen Väter Pflichten eher zu meiden, für Rechte aber ausdauernd zu argumentieren.
Kaum haben verlassene Ehe- Männer ihre Lage erkannt, ver(sch)wenden sie ihre Energie und Zeit damit, mehr Rechte auf ihren Nachwuchs zu bekommen; Überschrift: neue Lebensplanung. Wer das glaubt, hofft erneut auf partnerschaftliche Elternschaft, wird aber bei PsychologInnen und RechtsanwältInnen landen, weil die Streitigkeiten, die zur Scheidung führten, nicht per Knopfdruck in ein harmonisches gemeinsames Sorgerecht einmünden können.
Man(n) sollte bedenken, daß es um Kinder geht, sie haben Rechte, und zwar auf ein sicheres, stabiles Leben und eine sorgen- und streitarme Kindheit, ohne zwischen getrennten (noch) streitenden Eltern hin und her gezerrt zu werden. Karin Dunkel, Frankfurt/Main
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