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Deutschlands Exportfrieden

■ Ralf Cüppers von der Deutschen Friedensgesellschaft – Vereinte Kriegsdienstgegner zum sogenannten zivilen Friedensdienst

Werden demnächst auch Blauhelme ohne Helm aus einem sogenannten zivilen Friedenscorps in aller Welt zur „gewaltfreien Bewältigung von Konflikten“ eingesetzt? Wenn es nach der evangelischen Kirche und der pazifistischen Organisation Bund für soziale Verteidigung geht, soll dem Bonner Parlament schon in diesem Jahr ein Gesetzentwurf dazu vorgelegt werden. Erarbeitet wird das Konzept eines Dienstes, der auch Frauen offensteht und für den sich Männer vom Wehrdienst befreien lassen können, von einem „Forum ziviler Friedensdienst“. Der Dienst soll staatlich finanziert und von freien Trägern durchgeführt werden. Die Arbeit des Forums wird von Pax Christi und den Ärzten gegen den Atomkrieg sowie von Prominenten von Franz Alt bis Christa Wolf unterstützt. Neben der CDU, die 1994 einen entsprechenden Dienst forderte, wächst auch in SPD, FDP und insbesondere bei den Grünen die Zahl der BefürworterInnen. Die taz fragte bei Ralf Cüppers, dem Vorsitzenden der DFG-VK, nach.

taz: Warum ist der „zivile Friedensdienst“ eine Mogelpackung, Herr Cüppers?

Ralf Cüppers: Schon beim Namen stellt sich die Frage: Wozu soll das eine Alternative sein? Meinen die Befürworter etwa, daß es auch einen militärischen Friedensdienst gibt? Den gibt es nicht. Das wäre die gleiche Sprachregelung, die Kampfeinsätze als friedensschaffende Maßnahmen tituliert. Da werden Mörderbanden zu Friedenstruppen.

Wer heute zum Roten Kreuz, zur Feuerwehr oder zum Technischen Hilfswerk geht, muß auch nicht zur Bundeswehr. Schlimmer wird der neue Dienst doch auch nicht sein, oder?

Doch. Denn dadurch werden die Dienstpflichten ausgeweitet und noch weitere Kreise der Bevölkerung zum Zwangsdienst verpflichtet – schließlich sehen sowohl der Vorschlag der evangelischen Kirche als auch der des Bundes für soziale Verteidigung die Befreiung vom Grundwehrdienst vor. Das ist eine klare Einbindung in die Wehrpflicht. Ein Schritt hin zur Einführung der – von der CDU immer wieder vorgeschlagenen – allgemeinen Dienstpflicht in der Tradition des NS-Reichsarbeitsdienstes. Wer den Konservativen in dieser Richtung entgegenkommt, arrangiert sich mit den Zwangsdiensten. Außerdem: Die Befreiung vom Grundwehrdienst hing bislang nie von der Frage ab, ob eine Arbeit gesellschaftlich sinnvoll ist. Die Befreiung kam immer nur gezielt dort in Frage, wo eine Einbindung in das Gesamtverteidigungskonzept möglich war. Gewerkschaftliche Arbeit, Jugendarbeit und das Engagement in pazifistischen Organisationen blieben und bleiben außen vor.

Auch der zivile Friedensdienst wäre ein Teil des Gesamtverteidigungskonzeptes?

Ja, ganz klar. Das zeigt das Beispiel Norwegen. Da erlernen die Zivildienstleistenden in ihrer Ausbildung die Grundzüge der sozialen Verteidigung – Szenarien wie den Einmarsch in die ČSSR 1968. Da durften dann die Pazifisten ihre gesamte Palette des Widerstandes einsetzen; wenn das bei den Übungen nicht reichte, dann war da immer ausdrücklich noch die Armee, der atomare Schirm der Nato. Pazifisten und Armee Hand in Hand – eine absurde Vorstellung. Gewaltfreier Widerstand läßt sich nicht staatlich organisieren.

Und wenn der Staat bloß finanziert und den zivilen Dienst nicht auch noch organisiert?

Diese Art von Widerstand läßt sich nur am Gewaltmonopol, am sich militärisch definierenden Staat, vorbei entfalten. Das gilt auch für die Finanzen. Sonst ist man nur nützlicher Idiot.

Die DFG-VK ist Mitgliedsorganisation des Bundes für soziale Verteidigung, der die Peace-Corps fordert. Wie geht das zusammen?

Der BSV hat auch die Abschaffung der Bundeswehr im Programm. Das ist ein Bereich, wo er mit der DFG-VK übereinstimmt. Bundesrepublik ohne Armee – eine sinnvolle Utopie. Ganz im Gegensatz zu den Peace-Corps. Die DFG-VK hat sich an den entsprechenden Arbeitsgruppen des BSV schlichtweg nicht beteiligt.

Läßt sich da noch etwas weiterdiskutieren, noch etwas verbessern?

Ich halte es nicht für möglich, dieses Konzept so zu verändern, daß es für die DFG-VK akzeptabel wäre. Das ist ein Konzept der Interessen der weißen, der reichen Ersten Welt. Am deutschen Wesen soll die Welt genesen – ausgerechnet dieses Land soll berufen sein, seine Vorstellungen von Frieden und Menschenrechten zu exportieren?

Zivilgesellschaft weltweit – das klingt für viele attraktiv.

Leider. Doch nach dem Flop von Somalia könnte ein ziviler Friedensdienst der Bundesregierung aus der politischen Defensive helfen. Die Mittel würden ein wenig geändert, aber die Zielvorstellungen blieben dieselben. Das haben die verteidigungspolitischen Richtlinen von Volker Rühe ganz offen ausgesprochen: Zugang zu den Rohstoffquellen auf dem gesamten Globus.

Drehen wir den Spieß doch mal um: Nordkoreanische Friedensdienstleistende inspizieren deutsche AKWs, Angolaner schützen gewaltfrei Asylbewerberheime vor Neonazis, oder Ziviltruppen aus Guatemala blockieren alle Tschibofilialen. Solange das utopisch bleibt, hat ein deutscher Friedensdienst im Ausland nichts zu suchen. Interview: Hans-Hermann Kotte

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