: Kein Tatverdächtiger
■ Der Rollstuhl des Äthiopiers Nemera Desisa wurde vorsätzlich angezündet
Die Ermittlungen der Polizei bezüglich des angezündeten Rollstuhls des Äthiopiers Nemera Desisa haben ergeben, daß der Brand am Silvesterabend vor der Wohnung des Querschnittsgelähmten (taz berichtete) vorsätzlich gelegt wurde. Die bisherigen Ermittlungen hätten sich jedoch auf keinen Tatverdächtigen konzentriert, so die Pressestelle der Polizei gestern.
Als im Dezember 1993 zum ersten Mal ein Rollstuhl von Desisa vor seiner Wohnung in der Märkischen Allee in Marzahn in Brand gesteckt wurde, hatte er Anzeige gegen seinen Nachbarn erstattet. Dieser hatte sich ihm gegenüber als Neonazi zu erkennen gegeben. Der erste Brand war nach Ansicht des Äthiopiers, der seit 1990 die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt, der Höhepunkt einer Reihe von Drohungen gegen ihn und seine Familie. Nachdem die damaligen Ermittlungen im Sande verlaufen waren, richtet sich seine jetzige Anzeige gegen Unbekannt.
Desisa macht seine Entscheidung, aus der behindertengerechten Wohnung auszuziehen, von den polizeilichen Ermittlungen abhängig. Die Behindertenbeauftragte des Senats, Angela Grutzmann, sagte gestern zur taz: „Wenn es jemand im Haus war, wird er ausziehen.“ Falls Desisa doch aus Angst wegziehen sollte, werde sie alles unternehmen, um so schnell wie möglich gemeinsam mit der Wohnungsbaugesellschaft Marzahn eine andere behindertengerechte Wohnung zu finden.
Desisa erwartete gestern nachmittag den Besuch eines Vertreters der AOK, die ihm nach dem ersten Brand innerhalb von zwei Monaten einen neuen Rollstuhl zur Verfügung gestellt hatte. Barbara Bollwahn
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen