: Akademikerberatung zu luxuriös?
■ Arbeitsamt will Fachvermittlungsdienst völlig umkrempeln
Falls die Bundesanstalt für Arbeit ihre Pläne umsetzt, dann wird der „Fachvermittlungsdienst für besonders qualifizierte Fach- und Führungskräfte“ beim Bremer Arbeitsamt völlig umstrukturiert, nämlich anderen Abteilungen zugeschlagen: die Naturwissenschaft dem Bereich Technik, die ÄrztInnen den Pflegekräften. „Das weitet den Blick“, meint der Leiter des Fachvermittlungsdienstes, Klaus Voelcker. Ein Arzt aus einem ehemaligen Ostblock-Land, der hier nicht anerkannt werde, könne ja auch in der Pflege arbeiten.
Zweite wichtige Neuerung: Arbeitslose AkademikerInnen werden nicht mehr von AkademikerInnen beraten, wenn es um Umschulungen oder Zusatzqualifikationen geht, sondern von Fachhochschul-AbsolventInnen. Die bisherige Lösung sei „zu luxuriös“ gewesen, zitiert Voelcker seine ChefInnen in Nürnberg. Die drei akademischen Bremer ArbeitsberaterInnen verdienen nämlich mit 6.500 brutto rund 1.000 Mark mehr als ihre KollegInnen im gewerblichen Bereich, die nur einen Abschluß der Fachhochschule der Bundesanstalt für Arbeit in Mannheim haben. Für die Gespräche zwischen KlientInnen und ArbeitsberaterInnen sieht Voelcker dabei kein Problem. „Aber das Entrée bei den Firmen könnte für Fachhochschulabsolventen schwieriger sein.“
War der Fachvermittlungsdienst möglicherweise ineffektiv? Im Gegenteil, sagt Leiter Voelcker: Man habe im vergangenen Jahr über 1.000 AkademikerInnen vermittelt und stehe damit fast gleichauf mit Nürnberg an der Spitze der 33 bundesdeutschen Fachvermittlungsdienste.
Richtig problematisch findet Voelcker aber diese Sparmaßnahme: Die Beratung an der Uni soll gestrichen werden. Dort habe man mit eigenem Büro und Veranstaltungen 80 Prozent der Studierenden erreicht. Die sollen künftig ins Arbeitsamt kommen. Problematisch sei diese Kürzung, weil eine Fehlentscheidung von Studierenden recht teuer sei für's Gemeinwesen. Wenn sich beispielsweise ein BWLer statt in der chancenreichen Statistik im Marketing spezialisiere.
Freuen dürfen sich aber die arbeitslosen „besonders qualifizierten Fach- und Führungskräfte“ in Verden, Bremerhaven und Stade: Die dortigen, bisher von Bremen aus betreuten Arbeitsämter bekommen eigene BeraterInnen. cis
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