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■ Neue Verfassung: Besetzung der CDU/SPD-Zentralen geplant

Heute wollen diverse Lesben- und Schwulen-Gruppen von den Jusos über Bündnis 90/Die Grünen bis zur FDP der fast vergessenen Debatte um eine Verfassungsreform neues Leben einhauchen. Symbolisch wird daher ab Mittag, 12 Uhr, für eine Stunde die CDU- Zentrale in der Steifensandstraße 8 und ab 14 Uhr das Kurt-Schumacher-Haus der SPD in der Müllerstraße 163 besetzt.

Die „Aktion Neue Verfassung“ will insbesondere an den Schutz außerehelicher gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften und ein Diskriminierungsverbot für sexuelle Identitäten erinnern, wie sie im Katalog der Enquetekommission im vergangenen Jahr formuliert worden sind. Seitdem wartet der parlamentarische Abschlußbericht auf deren Umsetzung.

Nach der Vereinigung beider Stadtteile 1990 war das Abgeordnetenhaus verpflichtet worden, die übernommene Westberliner Verfassung bis zum Ende der Legislaturperiode zu überarbeiten und einer Volksabstimmung vorzulegen. Die hierfür notwendige Zweidrittelmehrheit scheiterte bislang an der CDU. Insbesondere gegen die Erweiterung des Grundrechtskatalogs hatte der Berliner CDU- Bundestagsabgeordnete und Verfassungsexperte Rupert Scholz massive Einwände erhoben. Anfang November hatte eine Gruppe von 75 Parlamentariern von SPD, Grünen und FDP einen eigenen Antrag vorgelegt, um die Reform bis zu den Wahlen im Oktober dieses Jahres noch zustande zu bringen. Das weitgehend am Enquete- Entwurf orientierte Papier wartet auf seine Beratung im Rechtsausschuß.

Eine Kurskorrektur bei der CDU scheint jedoch unwahrscheinlich. Kurz vor Weihnachten wiederholte eine Senatsvorlage der Innenverwaltung die christdemokratischen Einwände. Verworfen wurde dabei auch der Vorschlag der Enquetekommission, in den Artikel 6 folgenden Zusatz aufzunehmen: „Niemand darf wegen [...] seiner sexuellen Identität benachteiligt oder bevorzugt werden.“

Innensenator Dieter Heckelmann (CDU) verwies in seinem Papier auf eine bereits zuvor erfolgte Ablehnung in der Gemeinsamen Verfassungskommisson von Bundestag und Bundesrat. Dort sei unter anderem angeführt worden, daß sowohl „der Begriff als auch die gewünschte Rechtsfolge unklar und damit Mißverständnissen in erheblichem Umfang zugänglich sein könnten“.

Unklarheiten sieht Innensenator Heckelmann auch beim Begriff der „anderen Lebensgemeinschaften“, die erstmals der Ehe und Familie gleichgestellt werden sollen. Diese müßten rechtlich klarer definiert werden. Severin Weiland

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