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„Rechte in Manndeckung“

■ „Feinschmecker der Extremismusforschung“: Der Verfassungsschutz zieht Bilanz

Für die einen ist es die „Spitzelzentrale“ des „Schweinesystems“, für den stellvertretenden Verfassungsschutzchef ist es „der wahrscheinlich kleinste Nachrichtendienst der Welt“. Reichlich Selbstironie ist immer im Spiel, wenn der Bremer Verfassungsschutz Jahresbilanz zieht. Gestern berichtete der zweitoberste Bremer Schlapphut Lothar Jachmann vor der Landespressekonferenz. Das Fazit im Überblick: Die rechtsextreme Szene hat enorm an Boden verloren, sowohl die Wahlparteien als auch die Neonazi-Szene; die linksextremistischen Kaderparteien spielen politisch überhaupt keine Rolle mehr (Jachmann: „Nur noch was für Feinschmecker der Extremismusforschung“), dafür haben die militanten Autonomen über eine Reihe spektakulärer Aktionen auf sich aufmerksam gemacht. Extremistische Gewalt von Ausländern kam vor allem aus einer Ecke – von der PKK und ihren Umfeldorganisationen. Die erfreulichste Meldung: Die Gewalttaten von Rechts sind 1994 erheblich zurückgegangen, und wie schon im Jahr zuvor belegt Bremen in der Gewaltstatistik mit zwei Taten von Rechts den glücklichen letzten Platz.

„In aller Vorsicht“, da will Jachmann den Mund nicht zu voll nehmen, „die Großwetterlage spricht ganz gegen einen Erfolg der rechten Parteien“. Obwohl die DVU mit einem Millionenetat in den Bremer Wahlkampf ziehen wird. „Kümmerliches Personal“ und „Inkompetenz“ seien für die DVU in den Parlementen vertreten, das habe sich mittlerweile auch beim Wahlvolk rumgesprochen.

Vollen Erfolg meldet der Verfassungsschutz, wenn es um die Betreuung der Neonazi-Szene geht. Die 10-15 Leute hatten „keine öffentliche Darstellungsmöglichkeit“. Der geplante Marsch zum Todestag des Hitler-Stellvertreters Heß fiel ins Wasser, die in Bremerhaven gegründete rechtsextremistische „Kameradschaft“ hat bis auf eben diese Gründung nichts zustande gebracht. Für die Neonazis gilt nach wie vor das Motto: „Die muß man in Manndeckung nehmen.“

So erfolgreich die Zurückdrängung des organisierten Rechtsextremismus auch ist, eine gesellschaftliche Unterströmung macht den Verfassungsschützern Sorgen. Eine Reihe von Publikationen der „Neuen Rechten“ wie die „Junge Freiheit“ bemühen sich um eine Intellektualisierung der Szene. Das gelingt nur mäßig. Was jedoch streckenweise gelingt, das ist die Scharnierfunktion zwischen der rechtsextremistischen Szene und rechtskonservativen Kreisen.

Während die rechtsextreme Bremer Szene eher übersichtlich ist, geben die „Militanten Autonomen“ den Verfassungsschützern Rätsel auf. Jachmann: „Da wirbt man nicht einfach den Schriftführer an und läßt sich eine Kopie von den Vorstandsbeschlüssen geben.“ Kein Schriftführer, keine Protokolle, nichtmal ein Vorstand - die losen Zusammenhänge sind die Stärke der Autonomen, wenn es um die Abschottung gegenüber dem Dienst geht, aber auch ihre Schwäche. Selbst bei der autonomen Großaktion am 3. Oktober, so der Verfassungsschutz, sei es der Bremer Szene nicht gelungen, das angestrebte „breite Bündnis“ hinzubekommen. Die Gruppe LEGO, die im Sommer die Zusammenarbeit mit anderen Städten probiert habe, sei über Ansätze nicht hinausgekommen. Gleichwohl habe das vergangene Jahr gezeigt, daß die autonomen Kerne ad hoc immer etwa 300 Menschen mobilisieren können. Eine deutliche Mahnung „daß die Situation am Weidedamm weitgehend politisch entschärft wird.“

Extremistische Organisationen von AusländerInnen in Bremen, die für den Verfassungsschutz interessant sind, gibt es nur wenige. Herausragend, weil bestens organisiert: die kurdische PKK bzw. die Organisationen in ihrem Umfeld. Der Mordanschlag gegen PKK-Abtrünnige seien Beweis genug. Dagegen spielten Islamisten in Bremen kaum eine Rolle – wie im gesamten Bundesgebiet. Die Warnungen des BKA-Chefs Zachert seien „zu kräftig gezeichnet“, meinte Jachmann. „Dahinter steht nicht viel mehr, als der durchschnittliche Zeitungsleser auch weiß.“ J.G.

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