Christlich gegen Junkies

■ Bürgerinitiativen und Beiräte Oberneuland/ Horn-Lehe gegen obdachlose Drogensüchtige

Vor knapp einer Woche kündigte die CDU Horn-Lehe per Post der Gesundheitssenatorin Irmtraud Gaertner den „politischen Widerstand“ an. Das ehemalige Hotel „La Campagne“ an der Schwachhauser Heerstraße dürfe, warnen die ChristdemokratInnen, unter keinen Umständen zur Unterkunft für 31 obdachlose Drogenabhängige werden. Falls doch, sei „der Anstieg drogenspezifischer Kriminalität in diesem Wohngebiet“ nicht zu vermeiden.

Um dieser Warnung Nachdruck zu verleihen, initiierte Stephan von Dellingshausen, Ortsverbandvorsitzender der CDU Horn-Lehe, eine Fragebogenaktion im Stadtteil. Von 282 befragten AnwohnerInnen sprachen sich angeblich 274 gegen die Nutzung des Hotels als Unterkunft für Drogenanbhängige aus. Ein Teil von ihnen formierte sich Anfang Dezember zu einer Bürgerinitiative. Diese will die Planungen der Gesundheitssenatorin beim Verwaltungsgericht mit einem Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung stoppen. Das könnte den Einzug der ersten obdachlosen Junkies, der ursprünglich bereits am kommenden Montag beginnen sollte, zumindest aufschieben. „Das wäre bundesweit der erste Rechtsstreit dieser Art“, kommentiert von Denningshausen und macht kein Hehl aus seiner Sympathie für die Bürgerinitiative, bei deren Gründungsversammlung er Gast war. Ob die CDU die Initiative unterstützt? „Moralisch ja, aber nicht aktiv.“

Nicht, daß die CDU von Horn-Lehe prinzipiell nicht helfen will. „Die Unterbringung von Kriegsflüchtlingen aus Bosnien, die ja ebenfalls ein Problem Ihres Hauses ist“, heißt es im Schreiben an Gaertner, wäre u.E. eine wesentlich bessere Nutzung dieses Standortes“, in dessen Umgebung die CDU mit zwei Altenheimen, einem Frauenhaus, einem Jugendtreff, einem Kinderheim sowie einem Gehörlosenfreizeitheim besonders viele „schutzwürdige Personen“ ausmacht. Da wären die Drogensüchtigen doch in Oberneuland viel besser untergebracht.

Doch auch in Oberneuland, wo parallel zum Standort Horn-Lehe 24 Wohnplätze für Drogenabhängige entstehen sollen, scheiterten bereits unterschriftsreife Verträge am Widerstand von Beirat und Bevölkerung. Bis Herbst 94 hatte das Sozialressort noch gehofft, das Projekt unter der Ägide des ASB in einem ehemaligen Altenheim unterbringen zu können. Doch im letzten Moment zog der private Vermieter zurück. Womöglich erlag er dem verlockenden Kaufangebot seiner Nachbarn, die lieber 1,4 Millionen für das Haus anboten, als mit Drogenabhängigen in einer Straße zu leben.

Zum Jahresende verlangte in Oberneuland überdies eine Plakataktion die Räumung der Container, in denen die obdachlosen Junkies bislang lebten. Allerdings sollen sie auch nicht in dem neuerdings vom ASB anvisierten Haus einziehen, schließlich wohnen dort die ehedem gar nicht so gelittenen Asylsuchenden.

„Egal, wo wir was anbieten wollen“, stöhnt der Landesdrogenbeauftragte Ingo Michels, „überall gibt es soziale Einrichtungen oder Randgruppen, die wir angeblich bei unseren Planungen nicht berücksichtigt haben.“ In Oberneuland sind es Roma, in Horn-Lehe sind es Kinder, Frauen und Alte. In der Zwischenzeit - schon im Sommer wurden die Container in der Föhrenstraße geaschlossen - wächst die Zahl der obdachlosen Drogenabhängigen. Wieviele es sind, kann man nur vermuten. Die meisten leben auf der Straße, und das heißt im ewigen Kreislauf der Drogen.

Die Ortsbeiräte scheint das wenig zu interessieren. Hier werden Interessen vertreten, die Stimmen bringen. Seit 1992 versucht das Sozialressort vergeblich, den Senatsbeschluß von 1992 umzusetzen und 80 Wohnplätze für obdachlose Drogensüchtige zu schaffen. Stets scheiterte die Realisierung am Widerstand der jeweiligen Orts-Beiräte. Am 16.1. tagt der Beirat Oberneuland. In einer nicht-öffentlichen Sitzung beschloß dieser jedoch bereits, das ASB-Projekt abzulehnen. Auch der Beirat von Horn-Lehe, der im Oktober mit knapper und, - zwei SPDler waren nicht präsent -, eher zufälliger Mehrheit der CDU gegen das Projekt der Drogenhilfe stimmte, wird nochmals beraten. Aber erst dann, so der Ortsamtsleiter Horn, wenn Oberneuland auch Drogenabhängige aufnimmt: „Der Beirat wehrt sich einfach dagegen, daß Oberneuland davonkommt und wir noch was draufkriegen.“

Dora Hartmann