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600.000 KZ-Opfer warten auf Entschädigung

■ Berliner Stiftung wirft dem Roten Kreuz Verschleppung bei der Bearbeitung von Anträgen vor / Suchdienst bestreitet Vorwürfe / Zahl der Anträge stark gestiegen

Berlin (taz) – Über 600.000 ehemalige KZ-Häftlinge haben nach Auskunft der Berliner Stiftung Topographie des Terrors noch keine Bestätigung ihrer Haftzeiten und deshalb noch keine Entschädigung bekommen. Dies haben die Leiter deutscher KZ-Gedenkstätten und die Stiftung gestern scharf kritisiert. Schuld daran sei die mangelnde Kooperationsbereitschaft des Suchdienstes des Internationalen Roten Kreuzes in Arolsen. Obwohl die Bearbeitung eines Antrages dort bis zu drei Jahre dauern könne, habe sich der Suchdienst bisher nicht mit den Gedenkstätten auf beschleunigende Übergangslösungen einigen können.

Der Suchdienst wies die Vorwürfe gegenüber der taz zurück. „Wir haben ein beschleunigtes Verfahren zur Feststellung einer KZ-Haft, bei dem eine erste Klärung innerhalb von sechs Monaten erfolgt“, sagte Suchdienst-Direktor Charles-Claude Biedermann. Schon nach Erhalt dieser ersten Bescheinigung hätten die Betroffenen ein Recht auf Wiedergutmachung. Biedermann äußerte die Vermutung, daß die Fonds vor Ort (allein in der ehemaligen Sowjetunion werden eine Milliarde Mark an Entschädigungsgeldern verteilt) zu langsam arbeiteten. Der Suchdienst-Direktor bestätigte allerdings auch den Stau von 600.000 Anträgen. Allein aus Moskau seien seit 1992 350.000 Anträge auf Wiedergutmachung eingegangen. Täglich erreichten den Suchdienst 600 bis 700 Briefe.

Viele der betagten ehemals Verfolgten, so dagegen die Berliner Stiftung, würden zu ihren Lebzeiten nicht mehr entschädigt werden können. Während die Gedenkstätten den Betroffenen meist schon in wenigen Wochen die nötigen Angaben beschaffen könnten, dauere es beim Roten Kreuz Monate, so der Gedenkstättenreferent der Stiftung Topographie des Terrors, Thomas Lutz. Da die Gedenkstätten die Akten jedoch – wie etwa 1990 die Gedenkstätte Sachsenhausen – an das Rote Kreuz abgegeben hätten, sei der Zugang über die Gedenkstätten nun vielfach nicht mehr möglich.

Der Suchdienst in Arolsen kann zur Zeit als einzige offizielle Stelle Opfern des Nazi-Regimes ihre Gefangenschaften bestätigen. Bestätigungen der Gedenkstätten gelten nur in Ausnahmefällen als offzielle Anerkennung.

Laut Lutz versuchen Gedenkstätten und Hochschulen bislang vergeblich, das Verfahren zu beschleunigen. Dies scheitere jedoch am Suchdienst, der dann auf das ihn finanzierende Bundesinnenministerium verweise. Bonn verweise üblicherweise auf das Internationale Rote Kreuz in Genf, das inhaltlich für die Arbeit des Suchdienstes verantwortlich sei. kotte/BD

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