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■ Unter Vögeln (2)Entdeckt! Triumph!

Was machen eine Büroangestellte, ein Elektroingenieur, eine Herrenausstatterin und eine Journalistin gemeinsam um acht Uhr in aller Frühe am Sonntag? Sie laufen mit Ferngläsern durch den Bürgerpark und beobachten und belauschen andächtig die Wintervögel. Die einzigen, die im Morgenrot außerdem noch unterwegs sind, sind HundebesitzerInnen und JoggerInnen. Aber das vermag den Baumläufer nicht zu stören. Wie für's Lehrbuch läuft er langsam den Stamm hinauf.

„Das ist meine Baumläuferecke“, sagt Monika Siems, stolz, daß da wieder einer ist. Als Exkursionsleiterin geht sie im Auftrag des BUND mit Laien durch den Park. Der Elektroingenieur geht allerdings seit Jahren mit. Im Sommer legt er sich gern in die Wümmewiesen zur Beobachtung. Das sei für ihn ähnlich entspannend wie für manche das Angeln. Doch man müsse sich mehr konzentrieren, da man ja auch lauschen müsse. Und schon legt er den Kopf leicht schief und schaut konzentriert in die Bäume: Da singt der Baumläufer. „Ein leises 5-silbiges Lied. Als würde er singen ,Wenn Weihnachten ist', so ein bißchen nach oben gehend“, sagt Siems entzückt.

Aus einer anderen Ecke mit alten Bäumen tönt es recht fremdartig daher. Nach vergeblichem Suchen durchs Fernglas glaubt Siems, daß das jammernde und klagende Lied von einem „russischen Durchzügler“ stammen könnte. Beim Weitergehen präsentiert sich kurz noch ein aufgeplustertes Rotkehlchen auf einer Steinbank, doch singen tut es um diese Jahreszeit nicht, es gibt höchstens mal einen Warnruf von sich.

Da, ein neues Geräusch. Bricht ein Ast? Oder kündigt sich ein Buntspecht an, der zu dem durchlöcherten Baum dahinten will? Das Grüppchen verharrt am Wegesrand. Nichts. Einige „Ach-nur-Tauben“ fliegen vorbei. Da verdunkelt sich der rötliche Morgenhimmel: Die Rabenkrähen kommen von ihrem Schlafplatz geschwirrt. Ein halsloser, gedrungener Vogel hängt derweil kopfüber an einer Meisenkugel und knabbert – ein Kleiber. Mal zeigt er seine „schmutzig-ockergelbe“ Unterseite, mal seine graublaue Oberseite mit dem schwarzen „Augenstreif“.

Da hinten in der Tanne ist doch aber auch noch was? Trotz eiskalter Füße bleiben die VogelbeobachterInnen ein weiteres Mal stehen. „Ja!“ Triumph. Ein Wintergoldhähnchen hüpft von Ast zu Ast. Der kleinste Vogel Deutschlands mit nur fünf bis fünfeinhalb Gramm. Ob es nun ein Männchen mit orangefarbenem oder einem gelben Mittelscheitel auf dem Kopf ist – durch sein Gehüpfe nicht zu erkennen. Bei der letzten Wanderung sei ganz zum Schluß noch ein Bussard am See aufgetaucht, berichtet Monika Siems aufgeräumt. Und diesmal das Goldhähnchen! Mit rotglühenden Gesichtern schüttelt sich die Gruppe zum Abschied die Hände, und man möchte in ein Gezwitscher ausbrechen vor lauter Sympathie zu den gefiederten Genossen.

vivA

Die nächsten vogelkundlichen Führungen: 15.01., 8.00 Uhr, Treffpunkt Meierei, 22.01., ebenfalls 8.00 Uhr Meierei, 12.02., 8.00 Uhr Meierei und 11.00 Uhr Emmasee (bei den 2 Brücken).

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