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Rühe-Umzug: nicht witzig

■ betr.: „Rühe zu Wörner“, taz vom 3. 1. 95

In dem Artikel über die Besetzung des zukünftigen Amtssitzes des Bundesverteidigungsministeriums am Berliner Reichpietschufer ist fälschlicherweise von der Besetzung des „Bendler-Blocks“ die Rede.

Tatsächlich hat aber nur der 1938 errichtete Gebäudeteil in der Stauffenbergstraße 11-13 (früher Bendlerstraße) diesen Namen. Der größere Teil des Verwaltungskomplexes wurde 1911-14 für das Reichsmarine-Amt, den Admiralsstab und das Marinekabinett errichtet. Zwischen 1919 und 1935 war in den 800 Diensträumen das Reichswehrministerium untergebracht. Ihm folgten bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges das Oberkommando der Wehrmacht, des Heeres und der Kriegsmarine.

Im sogenannten Bendlerblock war der militärische Abschirmdienst untergebracht. Dort war auch die Zentrale des gescheiterten Putschversuchs vom 20. Juli 1944. Heute ist in diesen Räumen die Gedenkstätte Deutscher Widerstand.

Wenn Volker Rühe als Verteidigungsminister in die Räume am Reichpietschufer einzieht, knüpft er örtlich nicht etwa an die Widerständler des 20. Juli an, sondern tatsächlich an die nationalsozialistische Kriegsmaschinerie, die dort ihre Welteroberungspläne ausgeheckt hat. Jürgen Karwelat, Berlin

Das sind mir schöne Antimilitaristen, die Formulierungen gebrauchen, die suggerieren, daß dem politischen Gegner der Tod gewünscht wird. Im Gegensatz zu Eurem Berichterstatter finde ich die Formulierung „Zusammenlegung von Rühe und Wörner“ überhaupt nicht witzig. Stellt Euch eine Demo vor, wo Rühe und Wörner durch Gysi und Honecker oder Fischer und Kelly ersetzt wären, von der Variante Bubis und Galinski ganz zu schweigen. Das fändet ihr dann sicher auch nicht mehr witzig.

Formulierungen, die die Menschenwürde angreifen, im übrigen damit die Grenze zur Volksverhetzung zumindest streifen, gehören auf keine Demonstration, schon gar nicht, wenn diese gegen militärische Gewaltpolitik gerichtet ist, noch in die Spalten einer Zeitung mit Eurem politischen Anspruch. Wie weit ist menschenverachtende Sprache von menschenverachtender Gesinnung entfernt? Jedenfalls sollte beides unter aufgeklärten Linken keinen Platz haben. Michael Schmidt, Berlin

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