Bonn desinformiert und diffamiert

■ Zahl von 40.000 „illegalen“ VietnamesInnen zu hoch

Berlin (taz) – Die Bundesregierung verbreitet über die geplante Abschiebung von Vietnamesen offenkundig falsche und diffamierende Informationen. Die Zahl derer, die in den nächsten fünf Jahren nach Vietnam zurückgeschickt werden sollen, sei mit 40.000 deutlich zu hoch gegriffen. Sie als „Illegale“ zu bezeichnen sei eindeutig falsch, kritisiert Brandenburgs Ausländerbeauftragte Almuth Berger. Dies zeichne für die deutsche Bevölkerung ein „undifferenziertes Bild“. Bei den Vietnamesen selbst haben die Meldungen zum Teil unbegründete Ängste geschürt. Betroffen von der stufenweisen Massenabschiebung wären in erster Linie Asylbewerber aus Vietnam. Ihre Chance, als politisch verfolgt anerkannt zu werden, liegen derzeit bei einem Prozent. 22.000 abgelehnte vietnamesische Asylbewerber verzeichnet das Ausländerzentralregister, doch auch bei ihnen müßte vor einer Abschiebung erneut geprüft werden, ob sie bei ihrer Rückkehr wirklich keinen Repressalien ausgesetzt sind. Nach wie vor kursieren Berichte über Umerziehungslager für „Abtrünnige“.

Kaum betroffen von der bilateralen Rückkehrvereinbarung wären die vietnamesischen Vertragsarbeiter aus der DDR. Rund 15.000 von ihnen leben noch in Deutschland. Davon haben jedoch mehr als 12.000 eine Aufenthaltsberechtigung, die sie vor Abschiebung schützt.

Dieser Sonderstatus ist jedoch an bestimmte Bedingungen geknüpft worden: Die ehemaligen Vertragsarbeiter mußten am Stichtag 17. April 1994 eine Arbeit und eine Wohnung nachweisen können und ihren Lebensunterhalt ohne staatliche Unterstützung bestreiten. Nur rund 3.000 der DDR- „Gastarbeiter“ aus Vietnam erfüllten diese Bedingungen nicht und bekamen nur eine Duldung. Sie wären als zweite Gruppe von den Abschiebeplänen betroffen.

Insgesamt wären es also etwa 25.000, die schrittweise zurückverfrachtet werden könnten. Ein beträchtlicher Teil von ihnen, so vermuten Experten, wird sich dem durch Flucht in die Illegalität entziehen.

Der relativ gesicherte Status der meisten Vertragsarbeiter könnte erneut zu innenpolitischem Streit führen. Ihre Aufenthaltsberechtigung gilt nur zwei Jahre. Wird eine Verlängerung dann wieder an den Nachweis einer festen Arbeitsstelle/Wohnung geknüpft, könnten etliche Vietnamesen ihren Aufenthaltsstatus verlieren. Eine „Ungleichbehandlung“ gegenüber den ausländischen Arbeitnehmern der alten BRD, die – so Almuth Berger – „nicht nachvollziehbar“ sei und korrigiert werden müsse. Vera Gaserow