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Slobodan Milošević fordert, Bill Clinton folgt

■ Lockerung des UNO-Embargos gegen Serbien für weitere hundert Tage beschlossen / Kontaktgruppe präsentiert in Sarajevo Änderung ihres Teilungsplans

Genf (taz) — Auf Basis eines Berichts der Jugoslawienvermittler von EU und UNO, Owen und Stoltenberg, verlängerte der UNO-Sicherheitsrat gestern Lockerung der Wirtschaftssanktionen gegen Serbien. Dem Bericht zufolge hatte Belgrad auch in den letzten zwei Monaten jegliche Unterstützung der bosnischen Serben unterlassen. Die Lockerung war Anfang Oktober 1994 zunächst für 100 Tage beschlossen worden, die gestrige Entscheidung gilt für weitere hundert Tage. Erkenntnisse von US-Geheimdiensten, wonach das von Belgrad im August 1994 verkündete Embargo gegen die bosnischen Serben nicht eingehalten wird, wurden dem Sicherheitsrat von der US-Administration nicht vorgelegt.

Als weiteres Indiz für eine veränderte Haltung Washingtons zugunsten Belgrads gilt in diplomatischen Kreisen auch die Tatsache, daß der serbische Luftwaffengeneral Stanko Nesić am Mittwoch im Pentagon die Akkreditierung als Militärattaché Restjugoslawiens erhielt. An der Zeremonie im Pentagon nahm auch der Chef des militärischen Aufklärungsdienstes der USA teil.

Die Bosnien-Kontaktgruppe, die sich um die Wiederaufnahme direkter Verhandlungen zwischen den Kriegsparteien über eine politische Lösung bemüht, präsentierte der Regierung in Sarajevo gestern erstmals ein zweiseitiges Dokument mit zahlreichen Veränderungen ihres urspünglichen Teilungsplans vom Juli 1994. Dem bosnischen Serbenführer Radovan Karadžić sowie Serbiens Präsident Slobodan Milošević war dieses Dokument, das der taz vorliegt, bereits Anfang Dezember übergeben worden. Bosniens Vizepräsident Ejup Ganić lehnte nach dem Treffen mit der Kontaktgruppe erneut jegliche Veränderung des Teilungsplans ab.

Die bosnischen Serben werden bei ihren Angriffen auf die westbosnische Muslimenklave Bihać von Einheiten der regulären Armee Serbiens unterstützt. Dies erklärte in der Nacht zum Donnerstag in Zagreb ein UNO-Vertreter, der ungenannt bleiben wollte. Für Bihać gilt ebenso wie für die anderen Kriegsgebiete Bosniens seit 1.Januar ein Waffenstillstand. Dieser wird jedoch nicht eingehalten.

Nach einer entsprechenden Einigung zwischen der bosnischen Regierung und den Serben in der Nacht zum Donnerstag soll die über den Flughafen führende und bislang von den Serben blockierte Versorgungsstraße nach Sarajevo wieder geöffnet werden. Parlament und Regierung in Kroatien entschieden unterdessen, das am 31. März auslaufende Mandat für die 16.000 Unprofor-Soldaten nicht mehr zu verlängern. Andreas Zumach

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