: Provinzposse von Provinzjournalisten -betr.: "Das Viertel wird nie Büllerbü", taz vom 13.1.95
Betr.: „Das Viertel wird nie Bullerbü“, taz vom 13.1.1995
In den letzten Wochen wurde Eurerseits viel über die Silvester-“Randale“ berichtet und meines Erachtens etwas herbeigeredet, was nie in der beschriebenen Form existiert hat. Eure Mittwoch-Veranstaltung setzte zusammen mit dem Artikel dem Faß die Krone auf. Wenn ein Teilnehmer sagte, „es sei eine Provinzposse organisiert von Provinzjournalisten...“, kann ich ihm nur recht geben.
Ich war selbst die Nacht an der Sielwall-Kreuzung und habe mir das Ganze angeschaut. Außer einer kleinen Gruppe meist jugendlicher Steinewerfer und quer gelegter Toilettenhäuschen konnte ich nur wenig Randale ausmachen, vor allem keine politisch motivierte Aktion. Leider gab die Polizei dank heldenmütigem Einsatz des SEK gegen „Kinder“ ihre anfänglich defensive Haltung auf.
Ich finde es schlimm, daß kleine Läden dabei zu Bruch gehen, daß ein Ökoschlachter oder andere wegen ihrer Einstellung bedroht werden (ich bedrohe ja auch keine VeganerInnen). Ich selbst esse vegetarisch, muß aber doch auch andere akzeptieren, sei es die Veganerin oder die Fleischesser. Überzeugungsarbeit erachte ich als besseres Mittel, zumal die Massentierhaltung nicht beseitigt wird, indem ich einen Ökoschlachter malträtiere, der diese Tiere gar nicht schlachtetet. Was aber im Nachhinein aus den Ereignissen am Sielwall in der taz gemacht wird, verstehe ich nicht. Warum puscht Ihr etwas hoch, wo es nix zu puschen gibt, das Sommerloch ist noch sieben Monate hin.
Die Gesprächsführung am Mittwoch war eher bescheiden, die Beiträge aller Beteiligten ebenso. Im Nachhinein bedauere ich, es mir zwei Stunden angetan zu haben. Um so peinlicher finde ich es, von dieser Veranstaltung dann noch einen über halbseitigen Artikel zu produzieren, der die Inhalte der gemachten Aussagen noch nicht mal korrekt wiedergibt.
Liebe taz, ein erneuter Akt Bremischer Journalistenpeinlichkeit. Von der taz erwarte ich mehr, sonst hätte ich beim Weser-Kurier-Lesen bleiben können. Uwe Schönemann
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