: ÄrztInnen drehen die Mark herum
■ Von der Gesundheitsreform gebeutelte MedizinerInnen erlernen Management
Eigentlich wollte Klaus Wache Chirurg werden. Doch als in seinem Krankenhaus Gelder gestrichen wurden, mußte er die Facharztausbildung nach zwei Jahren abbrechen. Klaus Wache suchte eine neue Stelle und überbrückte die Zeit mit der Promotion. Doch seit November vergangenen Jahres drückt der 32jährige Mediziner wieder die Schulbank. Er lernt Kostenrechnung, Marketing und Englisch.
Klaus Wache ist einer von neun TeilnehmerInnen des Lehrgangs für Gesundheitsmanagement am Seminarzentrum Göttingen in Berlin-Steglitz. Durch das Gesundheitsstrukturgesetz hat sich die Situation für MedizinerInnen und PharmazeutInnen verschärft. Ärzte dürfen sich kaum noch niederlassen, viele Apotheken können sich aufgrund erheblicher Umsatzeinbußen nur schwer halten. „Bisher wurden die schlimmsten Folgen des Niederlassungsstopps zwar noch durch Praxisübernahmen oder Arztwechsel aufgefangen“, schätzt Anke Biesenbach, Geschäftsstellenleiterin des Seminarzentrums, „doch in Zukunft wird sich die Situation auf dem Arbeitsmarkt ganz erheblich zuspitzen.“
Das vom Arbeitsamt unterstützte Pilotprojekt soll deshalb neue Berufsperspektiven eröffnen. Die Idee: Menschen, die im Gesundheitswesen qualifiziert sind, erwerben binnen eines Jahres zusätzliche Kenntnisse im Bereich Marketing und Management. Denn durch die Gesundheitsreform ist ein Kostendruck entstanden, der zur Neuorientierung des Gesundheitswesens führen wird. Gesundheitserhalt, Beratung und effiziente Organisation werden eine immer größere Rolle spielen. „Wir wollen deshalb die Denkweise von Beriebswirten mit der Denkweise von Ärzten verbinden“, meint Anke Biesenbach.
In insgesamt 1.440 Unterrichtsstunden erlernen die TeilnehmerInnen Betriebsführung, Wirtschaftsrecht und Statistik. Damit die Fortbildung nicht reine Theorie bleibt, steht ein dreimonatiges Praktikum am Ende des Lehrgangs. Die potentiellen Beschäftigungsperspektiven sind vielfältig: von der Öffentlichkeitsarbeit bei Ministerien oder Verbänden, Organisationsaufgaben in Krankenhäusern und Kurverwaltungen, über das Marketing medizintechnischer Produkte bis zur Datenorganisation in sozialen Einrichtungen. Wie viele Institutionen tatsächlich bereit sein werden, MedizinerInnen mit betriebswirtschaftlichen Kenntnissen einzustellen, statt direkt richtige BetriebswirtInnen zu nehmen, wird sich in einem Jahr erweisen. Anfragen von verschiedenen Stellen, meint Anke Biesenbach, lägen allerdings schon vor. Anja Dilk
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