: „Feuer unterm Arsch gemacht“
■ Ermittlungen gegen Geschäftsführer, der federführend am Rahmenprogramm zur Weltklimakonferenz beteiligt ist
Friedhelm Wachs ist ein Mann großer Ideen und trickreicher Einfälle. Während der Berliner Weltklimakonferenz Ende März will seine Firma mit einem Balanceakt auf einem 600 Meter langen Hochseil und einer riesigen, schmelzenden Eispyramide auf die katastrophalen Folgen der Umweltverschmutzung aufmerksam machen. Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umweltschutz, Organisator des sechs Millionen Mark teuren Rahmenprogramms, fand das Konzept „überzeugend“ und beauftragte im letzten Jahr die Firma Wachs Communication mit der Durchführung der Veranstaltung „Klimazeichen“. Bei dem Rahmenprogramm für die Nachfolgekonferenz des Umweltgipfels von Rio de Janeiro sei Wachs Communication ein „sehr wichtiger Player“, so ein Mitarbeiter der Senatsverwaltung.
Während Wachs Communication die aus Lottogeldern finanzierte, mindestens 2,7 Millionen Mark teure Veranstaltung vorbereitet, läuft gegen deren Geschäftsführer Friedhelm Wachs ein staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren. Auf zivilrechtlicher Ebene fand gestern vor dem Landgericht Tegeler Weg der erste Verhandlungstag in dem Verfahren Checkpoint Berlin Verlags GmbH gegen den Kaufmann statt. Die Firma Checkpoint, Herausgeber des englischsprachigen Stadtmagazins Checkpoint, hatte 1993 Strafanzeige gegen Wachs erstattet, der bis zum Sommer 1993 ihr Geschäftsführer war. Wachs soll sich mit gefälschten oder Gefälligkeitsrechnungen um mehr als 70.000 Mark ungerechtfertigt bereichert haben.
Bevor Wachs bei dem Stadtmagazin einstieg, war er Geschäftsführer und Gesellschafter bei der Firma Meissen Concept GmbH. Für angeblich von dieser Firma durchgeführte Marktforschungsinterviews soll er der Checkpoint Verlags GmbH mehrere tausend Mark in Rechnung gestellt haben. Nach Angaben der geschäftsführenden Gesellschafterin Friederike Herbst ist Meissen Concept jedoch niemals für Checkpoint tätig gewesen: „Das ist eine objektive Fälschung.“ Wachs, mit dem es „allerlei Kalamitäten“ gegeben habe, so Herbst zur taz, erfülle das Klischee des Westlers, der Fördergelder abschöpfe, „sehr trickreich“ dabei vorgehe und sich in der „Grauzone der Legalität“ bewege. Mit den Vorwürfen von Checkpoint sei zum ersten Mal „so richtig was hochgekommen“. Bei dem gestrigen Prozeß jedoch sagte der Anwalt von Wachs, Horst Mahler, daß Wachs die Interviews seiner Sekretärin in Auftrag gegeben habe.
Auf einen Vergleich konnte man sich gestern nicht einigen. Nach Meinung von Anwalt Mahler hat Checkpoint die Vorwürfe nach der Entlastung von Wachs als Geschäftsführer erhoben, „um ihm Feuer unterm Arsch zu machen und ihn als Gesellschafter loszuwerden“. Wachs ist mit 28 Prozent noch mehrheitlicher Gesellschafter von Checkpoint. Das Gericht wird Mitte Februar eine Entscheidung treffen.
Für die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umweltschutz spielt „ein zivilrechtliches Verfahren aus einer früheren Geschäftstätigkeit“ von Friedhelm Wachs keine Rolle, so Klaus Müschen, der das Rahmenprogramm koordiniert.
Der UN-Gipfel ist die erste Nachfolgekonferenz zu der 1992 in Rio de Janeiro von 166 Staaten unterzeichneten Klima-Rahmenkonvention. Der Senator für Stadtentwicklung, Volker Hassemer, wies bei der Vorstellung des Rahmenprogramms Vorwürfe zurück, es wäre sinnvoller, das Geld für Umweltschutz auszugeben. Mit Politik allein könnten die Menschen nicht erreicht werden. Barbara Bollwahn
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