piwik no script img

Scientology mit Ernst

■ Generalsekretär der CDU, Dieter Ernst, mischte in den 70er Jahren bei Psycho-Sekte mit / Weiß Eberhard Diepgen mehr?

Dieter Ernst, Generalsekretär der Berliner CDU, stellvertretender Bürgermeister und Sozialstadtrat in Tiergarten, hat einem Kreis von 20 bis 30 Personen angehört, die 1971 Scientology Berlin e.V. gründeten. Der Verein ist der Vorläufer der Berliner Scientology-Kirche gewesen, deren weltweiter Organisation Sektenexperten „aggressiven Psychokult“ vorwerfen – verschiedene Bundesländer lassen die Psychosekte vom Verfassungsschutz beobachten. Am Wochenende wurde bekannt, daß der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen im vergangenen Monat deswegen davon Abstand genommen haben soll, den 45jährigen Ernst als neuen Staatssekretär für die Innenverwaltung durchzusetzen.

Daß Diepgen Ernst lediglich aufgrund des bislang Bekannten die Beförderung in die Innenverwaltung verwehrt haben soll, führte gestern wiederum zu Verwunderung in Kreisen der SPD und auch der CDU. CDU-Fraktionschef Klaus-Rüdiger Landowsky konnte sich einen solchen Zusammenhang nicht vorstellen. Vielmehr glaubte Landowsky, daß es wenige Monate vor der Abgeordnetenhauswahl „nicht einfach“ gewesen wäre, wenn Ernst den Posten des Generalsekretärs aufgegeben hätte. Ernst selbst wollte nicht dementieren, daß die Affäre um den ehemaligen Heckelmann- Sprecher Bonfert, der Kontakte zu Rechtsradikalen pflegte, die „Sensibilität“ bei der Besetzung wichtiger Ämter in der Innenverwaltung gefördert habe. Seine Berufung zum Staatssekretär hätte den „nicht wünschenswerten Verdacht der Befangenheit“ erwecken können. – Tatsächlich aber bleiben Zweifel, ob es sich lediglich um eine Jugendsünde von Ernst handelt. Hieß es in Berichten vom Wochenende noch, Ernst habe Anfang der 70er einem Kreis von Scientologen angehört, wollte der Generalsekretär sich gegenüber der taz nicht auf einen genauen Zeitpunkt festlegen, ab dem er sich nicht mehr für Scientology engagierte: „Das kann ich nicht festmachen, ich war damals längere Zeit nicht in Berlin.“ Der Oberstaatsanwalt a.D. will sich auch nicht erinnern können, ob er Mitglied von Scientology Berlin e.V. gewesen ist. Aber selbst wenn, dann habe er jedenfalls nie eine Funktion übernommen. Bei Scientology habe er sich „mit den geistigen Dingen, die es zwischen Himmel und Erde gibt“, beschäftigt.

Eberhard Diepgen soll Mitte Dezember aus dem Kreis von Scientology-Aussteigern von Ernsts Vergangenheit erfahren haben. Weiß Diepgen aber mehr, als bislang bekannt ist? Eins dementiert Ernst jedenfalls aufs nachdrücklichste. Mit den „kriminellen Machenschaften von Scientology“ habe er nie etwas zu tun gehabt. Deshalb brauche er sich heute auch für nichts zu rechtfertigen. Dirk Wildt

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen