Schwarzhandel

■ Mit 186 Werder-Karten beim Dealen erwischt / 500 Mark Bußgeld verhängt

So stellen wir uns Bürgernähe vor: Einer steht vor Gericht, hat von vornherein keine Chance, auch nur einen Blumentopf zu gewinnen – und der Richter schlägt nicht obrigkeitsstaatlich zu, sondern hält den Irrenden von seinem Tun ab. Schon wegen der Gerichtskosten.

Allerdings stand da nicht gerade ein unschuldig Lämmlein vor dem Richter im Amtsgericht. Karsten L., 28, hatte das elfte Gebot mißachtet, und nicht zum ersten mal. Karsten L. hatte sich erwischen lassen, als er vor dem Weserstadion Eintrittskarten für Werder gegen Bayern verhökern wollte. Das Spiel war ausverkauft, beste Verkaufschancen, sollte man meinen. Dumm nur, daß der Mann von der Gewerbepolizei beobachtet worden war. Dümmer, daß L. zwar probiert hatte, sich aus dem Staub zu machen, das aber mißlang. Noch dümmer, daß der Fahnder aus L's Tasche gleich einen ganzen Stapel von Werder-Karten herauskonfiszierte, 75 Stück. Am allerdümmsten aber, daß bei der Gelegenheit L's kompletter Nachschub in die Hände der Staatsschergen fiel. 186 Karten, alle futsch. „Dabei hab ich keine einzige verkauft“, jammerte L. Doch der Richter hatte wenig Mitleid. Schließlich war L. in Dortmund mit derselben Masche schon zweimal erwischt worden. L. lebt vom Kartenverkauf, er hat sogar einen Gewerbeschein. Nur weil er seine Karten nicht losgeworden sei, habe er sich vors Stadion gestellt: „Ich wollte gar keine Gewinne machen, ich wollte nur die Verluste verringern.“

186 Karten, „schon ein ziemlich dicker Fisch“, sagt Joachim Becker vom Stadtamt. Sonst liegen die großen Fänge bei Kontingenten zwischen 20 und 90 Tickets, und die auch nur zu Topspielen wie Bayern oder Tina Turner. Verboten ist es allemal, denn den Straßenhandel mit Eintrittskarten deckt die Gewerbeordnung nicht, sagt Becker. „Die werden wie Wertpapiere behandelt.“

500 Mark Strafe hatte das Bremer Stadtamt haben wollen, viel zu hoch, fand L. „Schließlich habe ich die ganzen Verluste am Hals.“ So legte er Widerspruch ein – und zerschellte an der Freudlichkeit seines Richters. 20 Minuten redete der nette Mann in der schwarzen Robe auf den Junghändler ein: Die Sache sei nunmal verboten, dafür gebe es mittlerweile sogar eine Rechtssprechung des Bundesgerichtshofes, bei zwei Fehlversuchen vorher sei er mit 500 Mark gut bedient. „Wenn wir jetzt mit der Verhandlung anfangen, dann kommen auch noch die Gerichtskosten dazu.“ „Ja, aber, ich hab doch keinen Gewinn gemacht.“ – „Die Sache ist nunmal verboten.“ „Ja, aber, so viel Geld.“ – „Nehmen Sie den Widerspruch zurück.“ Ja, aber...“ So ging die Verhandlung, die keine Verhandlung war (schon wegen der Gerichtskosten) ein gutes Viertelstündchen. Bis L. erst ein Einsehen und dann das finanzielle Nachsehen hatte. 500 Mark Strafe plus 34 Mark Verwaltungsgebühr. Und weil L. gleich bezahlen wollte und die Kassennummer nicht dabeihatte, kriegte er vom Richter auch noch ein Merkzettelchen. Echte Bürgernähe. J.G.