: Klare Unklarheiten
■ Der Töpfer-Plan beschleunigt zwar die Hauptstadtplanung, aber hinterläßt so einige offene städtebauliche Fragen
Bringt die Dynamik, mit der Bundesbauminister Klaus Töpfer die Hauptstadtplanung in der zentralen Mitte und im Spreebogen vorantreibt, die zuständigen Berliner Planer und Politiker in die Bredouille? „Nach dem Abschied des Außenministeriums vom Schloßplatz gibt es für die südliche Spreeinsel noch kein neues Nutzungskonzept“, so Birgit Kusch, Sprecherin im Bundesbauministerium. Welche Rolle dem Staatsratsgebäude im Gefüge der Innenstadt zukommen sollte, sei ebenfalls unklar. Schließlich sei offen, wie der städtebauliche Entwurf von Bernd Niebuhr für das Areal auf der Spreeinsel weiter verfolgt werden könnte oder ob er aufgegeben werden müsse. Das Berliner Abgeordnetenhaus will sich am heutigen Donnerstag mit der Umzugsplanung und den neuen baulichen Anforderungen befassen.
Nach der Euphorie ist Umdenken tatsächlich angesagt: So erfordert der „Töpfer-Plan“ nicht nur, daß bis zur Sitzung des Gemeinsamen Ausschusses von Bund und Land Berlin im Februar ein Beschluß über alternative Standorte der Bundesministerien für Verkehr und Wirtschaft getroffen wird. Bis dahin müssen ebenso die Raumbedürfnisse des Wirtschaftsministeriums, das in das einstige DDR-Regierungskrankenhaus an der Scharnhorststraße ziehen soll, klar sein. Außerdem muß ein neues Haus für die Verkehrsbehörde gefunden sein. Die Fläche für das Außenministerium im einstigen Reichsbankgebäude und späteren Zentralkomitee der SED „wird wohl nicht ausreichen“, sagte Kusch. Es sei deshalb ein Anbau auf der Freifläche am Werderschen Markt nötig. Die Planung müsse jetzt durch einen Bauwettbewerb entschieden werden.
„Ebenfalls wieder eintreten in die Diskussion muß man bezüglich des Staatsrats“, so Kusch. Im Unterschied zu Berlins Staatssekretär Wolfgang Branoner, der sich selbst nach dem Töpfer-Vorschlag dafür einsetzt, „daß der Staatsrat langfristig abgerissen wird“, könne die „Repräsentation“ zu einer denkbaren Nutzung des Hauses werden, meinte die Sprecherin des Bauministeriums. Vorschläge für ein Ausstellungsgebäude seien auch von Berliner Seite gemacht worden. Berlins Bundessenator Peter Radunski hatte angeregt, dort die Schau „Fragen an die deutsche Geschichte“ unterzubringen.
Die städtebauliche Zukunft der Spreeinsel zwischen Schloßplatz und Scharrenstraße muß ebenfalls neu debattiert werden. Der Berliner Senat und das Bundesbauministerium stehen zwar noch zu den Kernpunkten des Niebuhr-Konzepts. Nach wie vor gelte dieser städtebauliche Entwurf, so Branoner. Auch bleibe für den Bund das Gelände „Regierungsviertel“, für das der historische Stadtgrundriß von Niebuhr maßgebend sei, betonte Kusch. Sie räumte allerdings ein, daß eine Entscheidung, dort eine gänzlich andere Nutzung anzusiedeln, eine neue Planung notwendig mache.
Niebuhr selbst verteidigte seinen Entwurf und dessen Anpassungsfähigkeit. Bereits im letzten Jahr hatte der Architekt Varianten vorgelegt, die vom Erhalt des Staatsrats und der Brüderstraße ausgingen. Nun sei sogar Wohnungsbau möglich, erklärte Niebuhr. Rolf Lautenschläger
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen