piwik no script img

Alkoholfreie Zonen in Finnland

Gala Breton, Peter Wawerzinek und Matthias Lentrodt lasen erotische Texte der Weltliteratur, und am Rande sprachen alle über allerlei  ■ Von Detlef Kuhlbrodt

Eine Zeit, in der alles, was mit Sex und Erotik zu tun hat, einerlei, also bered-, bebilder-, konsumier- und verhandelbar geworden ist, ist nicht ganz einfach. Jede öffentliche Veranstaltung, in der vom Intimen die Rede ist, scheint das Intime notwendig zu zerstören und dem Privatesten die Sprache zu rauben.

Gala Breton, die früher mal als Domina gearbeitet hat und gerne von ihren Erfahrungen in diversen Veranstaltungen spricht, der Theatermann Matthias Lentrodt und Peter Wawerzinek, der feinsinnig- robuste Dichter vom Prenzlauer Berg, der als ästhetischer Dissident, kluger Clown, Mecklenburger Heimatdichter und Bierfreund stets nicht nur nach allen Seiten austeilt und immer für produktives Chaos zu haben ist, sondern auch sehr begeistert ständig durch alle Stadtgegenden saust, um tausend Dinge zu machen, haben sich zur Förderung und Verbesserung der Erotik zusammengetan.

Am Donnerstag abend gastierten sie im Kulturhaus am Ernst- Thälmann-Park mit einer szenischen Lesung diverser erotischer Texte der Weltliteratur. Aneinander reihten sich Texte von Baudelaire, André Breton, Georges Bataille über Bukowski (die meisten Sex-Autoren beginnen mit B), Ernst Jandl, Andreas Okapenko bis Yaak Karsunke (was macht der inzwischen eigentlich?).

Die Texte, die Wawerzinek, Breton und Lentrodt gemeinsam inszenierten oder einander abwechselnd vortrugen, entsprachen der Art, in der sich die drei präsentierten. Während Matthias Lentrodt im schwarzen Existentialisten-Rolli vor allem existentialistische bis surrealistische Texte bevorzugte, deren Mischung aus depressiver Männlichkeit, Gewalt und Philosophie aus der Distanz wie Katholenkitsch wirken, las die ebenfalls ganz schwarz gekleidete und leider oft etwas künstlich agierende Gala Breton vor allem Texte, die Macht- und Geschlechterverhältnisse und allerlei Genitalien „lustvoll“, wie man so sagt, thematisierten. Wawerzinek, als Arbeiter des Wortes in Jeans und brauner Lederweste, präsentierte mit wachsender Begeisterung vor allem Lustiges: „Ich schlief mit einem Känguruh, / gab der Elefantin meinen Pfosten, / jetzt hab ich nur noch einen Wunsch: / ich will die Mutzenbacher kosten“ (Okapenko). Oder: „Hat auch Christus so geschmeckt? / fragt die Nonne, wenn sie leckt.“ Oder: „Der Vater, der spritzt weiter, der Lehrer spritzt gescheiter“ (Jandl).

Im Zusammenspiel überzeugten die drei zuweilen, gerade weil ihre Bühnenpräsenz so unterschiedlich ist. Am Rande sprach man viel über Kuba, Kuttner und alkoholfreie Zonen in Finnland. Während der szenischen Lesung hatte „Schappi“ Alkoholverbot.

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen