: Nach Rotterdam: Zurückbleiben!
■ Luftzwerge über Tempelhof: Bei den kleinen Fluggesellschaften ist der Zentralflughafen mit dem Charme eines Provinzbahnhofs noch immer erste Wahl
„Tempelhof zu schließen wäre eine Sünde.“ Meint Ulrich Reitz. Selbst in London erfreue sich der dortige City-Airport wachsender Beliebtheit. Ein Trend, den der Pressesprecher der kleinen East- West-Airlines auch für Tempelhof in Anspruch nimmt. Zwar sind im Vergleich zu den Zuwachs verzeichnenden Flughäfen Tegel und Schönefeld in Tempelhof die Fluggastzahlen um 8,2 Prozent auf eine Million gesunken. Dennoch glaubt Ulrich Reitz, daß ein innerstädtischer Flughafen auch in Berlin gebraucht wird. Zustimmung bekommt er dafür auch von der Berlin Brandenburg Flughafen Holding (BBF), die für Tempelhof einen durchaus „separaten Markt“ ausgemacht hat.
Seit einem halben Jahr gibt es die East-West-Airlines, und Ulrich Reitz gibt sich optimistisch. Erst im Januar hat die thüringische Gesellschaft eine neue Fluglinie nach Rotterdam via Tempelhof eröffnet. Der Markt birgt noch immer Nischen. „Gerade die kleinen Destinationen sind für uns interessant“, meint Reitz. Bereits bei einer Auslastung von 44 Prozent, das sind vierzehn (!) Fluggäste, fliegt die Dornier 328 der „East-West“ in die schwarzen Zahlen. Zielgruppe sind dabei, wie könnte es anders sein, Geschäftsreisende. Immerhin 48,4 Prozent aller Fluggäste, ermittelte unlängst die Berlin Brandenburg Flughafen Holding, seien in Geschäftsdingen über den Wolken. Die East-West ist bislang die einzige Fluggesellschaft, die Berlin mit Rotterdam, dem weltgrößten Handelshafen, verbindet. Neben Rotterdam fliegt die East-West noch nach Erfurt, Sylt, München und Frankfurt. Rundumbetrieb mit einer Maschine und 32 Mitarbeitern in Verwaltung, Technik, Flugbetrieb und Public Relations. Den Direktflug nach Florenz hat man vor einigen Wochen storniert. Der Landesanflug war zu schwierig, heißt es. Den Landeanflug auf Tempelhof dagegen, meint einer der Flugkapitäne der East-West, sei zwar anspruchsvoll, aber zu bewältigen.
Auch nach der Öffnung von Tegel für Turboprop-Maschinen und dem Weggang von British Airways und der Lufthansa aus Tempelhof bleibt der Zentralflughafen mit U- Bahn-Anschluß, Park und Pistenrandbebauung und dem Charme eines Kleinstadtbahnhofs für die Kleinen der Branche erste Wahl. Der Grund: die langen Abfertigungszeiten für Turboprops in Tegel sowie die Nähe des Provinzflughafens zum sechs Kilometer entfernten Stadtzentrum. Ein Trend, den auch der Verkehrsleiter der BBF für Tegel und Tempelhof, Schenk, bestätigen kann. „Wer in Tempelhof fünf Minuten vor Abflug ankommt, kriegt den Flieger noch“, meint Schenk. In Tegel sei das unmöglich. Insbesondere die Großen in Tempelhof wie Sabena und Eurowings, weiß der Verkehrsleiter, bauen ihre Präsenz in Tempelhof eher aus, als daß sie wie die Lufthansa nach Tegel umziehen.
Ob East-West oder Eurowings, Hamburg Airlines, Interot oder Berliner Spezialflug: wer unbedingt mit dem Flieger nach Riga, Warschau, Klagenfurt, Salzburg, Münster, Paderborn oder Prag will, kommt um Tempelhof nicht herum. Entsprechend optimistisch ist der Pressesprecher der East- West-Airlines: „Die reden alle nur von schließen“, sagt er, „aber ich wette, wir fliegen auch noch im Jahre 2010 von Tempelhof. Uwe Rada
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