: Gespenst Nato
■ betr.: „Rettet die Nato“, taz vom 18. 1. 1995
Die Aggressionskriege der nationalistischen Serben und Kroaten im ehemaligen Jugoslawien sind das ungeeignetste Beispiel, um das Gespenst Nato aufzuzeigen. Es sei denn, man meint, daß sich Nato und EU durch ihre Uneinigkeit selbst vorführen und durch das Sichtbarwerden von nationalen Interessen – aufgrund einer fehlenden gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik – immer mehr an Glaubwürdigkeit verlieren.
Herr Richter, Ihre Überlegungen zur Nato – oder sollte ich besser sagen, Ihr Natofeindbild – basiert auf (bewußt?) falschen oder verdrehten Tatsachen:
1. Die Serben lenkten eben nicht nach Drohungen mit Bomben und Raketen ein, sondern änderten nur ihre Taktik. Mit ihrem vordergründigen Zurückweichen in Sarajevo haben sie ihre Angriffe auf Bihać verstärkt, und mittlerweile diktieren sie die „Friedensbedingungen“, während sie gleichzeitig ihren Vertreibungs- und Zerstörungskrieg mit faschistischen Mitteln weiterführen – bis zur jetzigen Stunde.
2. Selbstverständlich schießen Serben auf Blauhelme oder nehmen sie als Geiseln, weshalb ja immmer wieder Luftunterstützung angefordert wurde, nur daraus haben sich zu keinem Zeitpunkt negative Konsequenzen für die Serben ergeben.
3. Die Krajina-Serben verniedlichend als „störrisch“ zu bezeichnen zeigt Ihren Realitätsverlust gänzlich. Diese haben sich durch Aggression einen „Staat“ im Staate geschaffen, in dem „ethnische Säuberung“ mittels Vertreibung, Vergewaltigung und Mord durch nationalistische Serben stattgefunden hat. Des weiteren überfallen diese „störrischen“ Krajina-Serben ihr Nachbarland Bosnien, ein von der UNO anerkanntes souveränes Land, was die Lüge vom Bürgerkrieg in Bosnien aufzeigt.
4. Tudjman will die Blauhelme nicht verjagen, wie Sie formulieren, sondern er hat ihnen die Verlängerung des Stationierungsvertrages abgelehnt. Und zwar weil die UNO ihre selbstgesetzten Aufgaben und eigenen Beschlüsse nur zugunsten der Serben umgesetzt hat, das heißt zur Sicherung der „serbischen“ Krajina. Die ebenfalls beschlossene Rückführung von vertriebenen Krajina-Kroaten hat sie nicht umgesetzt und fördert damit die nationalistischen Strömungen um Tudjman. Mit der Kündigung des Stationierungsvertrages zeigt der Nationalist Tudjman (ungewollt?) das Lügengebäude der UNO/EU auf, was er sicherlich noch zu spüren bekommen wird.
5. „Lammfrommes“ kann ich in dieser Bevölkerung nun beim besten Willen nicht erkennen, werden doch die Menschenrechte von Frauen und Kindern in diesem Land zum Beispiel jeden Tag verletzt. [...]
Wenn diejenigen, die die Fäden in diesem Krieg ziehen – außerhalb und auf dem Balkan – die Nato gebraucht hätten, dann hätte es genügend Gründe gegeben, sie zum Einsatz kommen zu lassen. Aber Milosević, Karadžić und Tudjman machen das doch viel billiger: .... Die Neuordnung des Balkans. [...] Klaus Peter Klauner, Köln
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