: Vater Rhein wird zur Sintflut
■ Skandal: Schwaben lassen Kölner ersaufen
Koblenz: acht Meter zweiundsechzig. Zwanzig Prozent der Stadt sind überflutet, ein Stadtteil nach dem anderen wird vom Fluß eingeschlossen. Die Koblenzer Inselbewohner „wollen in ihren Häusern bleiben“, sagt ein Sprecher.
Bonn: Der Rhein nähert sich der Politik. Die Ladenzeile am Abgeordnetenhaus wird geräumt; die ersten Büros am Ufer werden verlassen. Auch in den Schürmannbau, der letztes Jahr geflutet wurde, dringt wieder mehr Wasser ein. Aber das Haus ist seitdem eh eine Ruine.
Köln: neun Meter achtundfünfzig, neun Meter neunundfünfzig, neun Meter sechzig ... Die Altstadt ist am Freitag nachmittag noch nicht geflutet, doch die Sperrmauern reichen nicht mehr bis zum Samstag morgen. Tiefbaudezernent Hubertus Oelmann meckert, die Flut hätte verhindert werden können, „wenn die Rückhalteflächen in Baden- Württemberg schon am Dienstag geöffnet worden wären“.
Stuttgart: Die SPD macht Politik mit dem Rhein. SPD-Umweltminister Schäfer lehnt es ab, die Rückhalteräume am Oberrhein zu fluten, um am Niederrhein die Pegel zu senken. Seinen Parteifreund Joachim Poß läßt er im Bundestag erklären: „Öffnung erst dann, wenn Finanzminister Waigel die Schäden ersetzt, die den Grundstücksbesitzern entstehen.“
Bonn: Die Finanzpolitik interessiert sich nicht für den Rhein. Friedrich Bohl (CDU) erklärt, die SPD-Forderung aus dem Süden sei „problematisch“, weil dafür die Länder zuständig seien. Doch sein Kollege Volker Rühe geht nun mit Tornados gegen die Fluten vor – im Kampf an der Heimatfront sollen sie die Lage erkunden.
Wesel: Herbert Schnoor warnt vor „Katastrophentourismus“: Wer die Deichsicherungen blockiert, muß Bußgeld zahlen und/oder Sandsäcke gegen die Flut plazieren.
taz-Reporter Bernd Müllender folgt Schnoors Rat. Seite 6
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen