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Unterm Strich

Einen internationalen Kongreß gegen den religiösen Fundamentalismus hat der in seiner Heimat von radikalen Muslimen verfolgte türkische Autor Aziz Nesin angekündigt: „Der Kampf gegen jede Spielart des Fundamentalismus muß gemeinsam geführt werden“, erklärte der 79jährige. Religiöser Radikalismus sei zwar derzeit vor allem ein Problem der islamischen Welt, aber auch im Christen- und Judentum zu kritisieren, sagte Nesin am Montag bei einem Aufenthalt in Düsseldorf der dpa. Auch die blutigen Auseinandersetzungen auf dem Balkan und der Konflikt zwischen Israel und Palästinensern enthielten fundamentalistische Aspekte, erklärte der in der Türkei viel gelesene Satiriker, der für den „in etwa einem Jahr“ geplanten Kongreß bereits Unterstützung aus den USA, Schweden und anderen europäischen Ländern erhalten habe. Im kommenden Jahr soll auch in der Türkei Salman Rushdies Buch „Die Satanischen Verse“ veröffentlicht werden, das in dem Land verboten ist und auf türkisch nur in Auszügen in einer von Nesin mit herausgegebenen Zeitung abgedruckt war. Als Herausgeber des im Selbstverlag geplanten Buches wollen außer Nesin noch 1.999 weitere türkische Schriftsteller, Journalisten und Publizisten firmieren. Im Juli 1993 war der Autor, der als Kritiker des Staates mehrere Jahre in türkischen Gefängnissen verbracht hat, knapp dem Anschlag von Fanatikern auf ein Kongreß-Hotel entgangen, bei dem 36 Menschen starben. „Wer immer diese schrecklichen Dinge vor 10 oder 20 Jahren vorausgesagt hätte, dem hätten wir nicht geglaubt.“

Währenddessen machen albanische Muslimführer gegen die geplante Veröffentlichung von Salman Rushdies Werk „Die Satanischen Verse“ im Balkanland Front. „Wenn das Buch erscheint, dann würde das die Harmonie zwischen den religiösen Gemeinschaften in Albanien zerstören“, warnte der oberste Muslimführer Hafiz Sabri Koci in Interviews. 60 Prozent der Bevölkerung Albaniens sind Muslime. Mehrere Intellektuelle haben sich dagegen für die Veröffentlichung des Werkes eingesetzt, das seinem Autor Morddrohungen islamischer Fundamentalisten eingebracht hat. Auf diese Weise werde „ein Zeugnis für die kulturelle Emanzipation in Albanien“ abgelegt, meinte der Filmproduzent und Menschenrechtsaktivist Kujtim Cashku im Literaturmagazin Axis.

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