Der Film zur Damenbinde: Neu im Kino: "Camilla" mit Jessica Tandy und Bridget Fonda

Sie sind ein schönes Paar: die alte Violinistin und Dame von Welt und die junge, von Selbstzweifeln geplagte Musikerin. Jessica Tandy und Bridget Fonda sehen zusammen immer gut aus: beide eigenwillig, stark und schön, aber abendfüllend ist diese weibliche Idylle nicht gerade. Schon bei ihrem ersten Schwätzchen sagt Bridget zu Jessica: „Ich möchte so sein wie Sie“, und das war es dann im Grunde auch schon.

Für den Rest des Filmes begeben sich die beiden verwandten Seelen auf Reisen, erleben ein paar neckische Abenteuer, aber bei all dem entwickelt sich nichts mehr: Bridget himmelt Jessica an und Jessica erzählt von den guten alten Zeiten. Die eine liebt Brahms und die andere Countrymusik, und so findet sich in jedem, aber wirklich in jedem Haus, in das die beiden einkehren, ein Musikzimmer, meist mit großem Piano, und dort musizieren die beiden sich und dem staunenden Publikum dann etwas vor.

Dabei merkt man vor allem, daß Bridget Fonda nur eine ziemlich dünne Stimme hat und daß die Regisseurin Deepa Metha es nicht einmal für nötig hielt, Jessica Tandy zu zeigen, wie man einen Geigenbogen hält. Aber diese Szenen sind offensichtlich so konzipiert, daß bei ihnen das Publikum vor Rührung zerfließen soll. Die große, reine Kunst wird immer wieder bemüht – beide Frauen sind wahre, große Künsterinnen, denen die Welt gefälligst zu Füße liegen sollte – das ist alles furchtbar selbstgefällig und so toll ist die Musik, die in diesem Film so vor sich hinplätschert, nun auch wieder nicht.

Immerhin blamieren sich Fonda und Tandy mit diesem Film nicht – beide spielen ihre Rollen souverän und man merkt, daß die beiden Frauen sich wirklich mögen. Aber Jessica Tandy starb im letzten Jahr und man hätte ihr eine bessere letzten Rolle gewünscht als diesen Neuaufguß ihrer Leistungen in „Miss Daisy und ihr Chauffeur“ und „Grüne Tomaten“.

Alles an diesem Film wirkt extrem sanft und hygienisch: Jedes Bild ist wie mit einem Weichzeicher aufgenommen und selbst die zuerst so unsensiblen Männer sind am Schluß bekehrt und reif für eine Selbsterfahrungsgruppe. Es fügt sich also bestens, daß dieser Film genauso heißt wie eine Damenbinde.

Wilfried Hippen

Cinema tägl. 21 Uhr