piwik no script img

Das schwarze Loch in der Bürokratie

■ Bündnisgrüne: Leistungen für Arbeitslose mit Kindern oft falsch berechnet

Berlin (taz) – Arbeitslose mit Kindern bekommen in vielen Fällen weniger Leistung, als ihnen zusteht. Darauf machte jetzt die Fraktion Bündnis 90/Grüne in einer kleinen Anfrage im Bundestag aufmerksam. Immer noch erhielten viele Erwerbslose, obwohl sie Kinder haben, Leistungen, die sich an der Nettolohnersatzquote für Kinderlose orientierten, erklärte die sozialpolitische Sprecherin der Grünen, Andrea Fischer. Ein Arbeitslosengeld von 1.675 Mark beispielsweise kann sich damit um 175 Mark monatlich vermindern.

Der Tatbestand: Wer sich arbeitslos meldet, muß seine Lohnsteuerkarte vorlegen. Ist ein Kind eingetragen, bekommt der Erwerbslose 67 Prozent vom letzten Nettoverdienst. Ist kein Kind vermerkt, werden nur 60 Prozent vom Nettoentgelt gewährt. „Die Bemessung richtet sich nach der Steuerkarte“, so Norbert Fundeis vom Arbeitsamt in Berlin. Der Haken dabei: In vielen Fällen ist das Kind nur beim höherverdienenden Partner auf der Steuerkarte vermerkt und der Antragsteller wird vom Arbeitsamt als Kinderloser entsprechend niedriger eingestuft. Auf dem Antragsformular zum Arbeitslosengeld wird zwar danach gefragt, ob eventuell beim Ehepartner Kinder eingetragen sind und in diesem Fall eine Kopie der Lohnsteuerkarte des Partners gefordert, aber: „Dieser Passus wird häufig von den Antragstellern nicht ausgefüllt“, so Fundeis. Die Folge: die Erwerbslosen erhalten weniger Leistung, oft ohne es zu merken.

Die Bündnisgrünen weisen auf ein Urteil des Bundessozialgerichtes von 1993 hin. Darin wurde ausdrücklich festgestellt, daß für die Bemessung des Arbeitslosengeldes entscheidend ist, ob ein Arbeitsloser tatsächlich ein unterhaltsberechtigtes Kind hat und nicht, ob dieses auf der Lohnsteuerkarte eingetragen ist. Anders als im Steuerrecht sind damit auch Kinder in Ausbildung bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres zu berücksichtigen. B.Dribbusch/B.Uhrig

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen