piwik no script img

Anstößige Nachricht?

■ betr.: „Rechter Spuk im Radio“ (WDR-„Morgenmagazin“ sendet Nachrichten aus dem rechtsextre men Sumpf im Siegerland), taz vom 20. 1. 95

Was geht in den Köpfen der verantwortlichen Redakteure des WDR-Studios Siegen vor?

Wenn rechte Gruppen nach 513 rechtsextremistischen Anschlägen 1992 in Nordrhein-Westfalen und rechtsextremistischen Gewalttaten mit Todesopfern in den Städten Hörstel, Wülfrath, Wuppertal, Mülheim, Solingen und Siegen (Oktober 1990 bis Mai 1993), das WDR-Radio Siegen zum Ankündigen „spektakulärer Aktionen“ benutzen können, dann sind die Verantwortlichen zu einer Erklärung verpflichtet! In diesem Jahr jährt sich zum 50. Mal das Ende des Nationalsozialismus und die Beendigung des Holocaust. Aus geschichtlichen und aktuellen Gründen sind Medien – und dazu gehört das WDR-Radio Siegen – zu äußerst kritischem Umgang mit rechten Gruppen verpflichtet.

Der WDR muß der Öffentlichkeit den Vorgang erklären und in Zukunft rechte Propaganda verhindern! Matthias Dax, Butzbach

Spätestens seit „Vom Umgang mit Wörtern“ (E. A. Rauter) könnte jedeR wissen, daß es die vornehmste Aufgabe von JournalistInnen ist, Nachrichten zu verbreiten. Was also ist, bitte schön, an der Nachricht, daß sich im Siegerland Rechtsextreme zusammenschließen, anstößig? Weshalb hätte der WDR darüber nicht berichten sollen – oder gar dürfen? Autor Jakobs hält seine Empörung für ebenso selbstverständlich wie allgemein und spart sich eine Begründung.

Fragen wir doch einfach mal bei den Antifas nach, ob sie es richtig fänden, wenn ihnen vorenthalten würde, was sich da rechts im Siegerland tut – und wie sehr sie protestiert hätten, wenn der WDR ihnen diese Nachricht vorenthalten hätte.

Seltsame Wege geht da der Antifaschismus im Kopf von Herrn Jakobs – und die Nachrichtenredaktion wählte Seite 1 dafür. Obwohl da eigentlich Nachrichten hingehören. Richard Kelber, Dortmund

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen