: "Weg mit ausländischen Hunden!"
■ Die erste wissenschaftliche Untersuchung zur Politik von Reps und NPD in Kommunalparlamenten liegt vor / Fazit: Zerfall und Auflösung überall, statt Arbeit nur absurde Anträge und viel Propaganda
Frankfurt/Main (taz) – „Die parlamentarische Politik wird von REP und NPD vorwiegend als Bühne für Ideologie und Propaganda genutzt. Bezogen auf die Zuständigkeiten und komplexen Gestaltungsaufgaben von kommunaler Politik bieten REP und NPD auch nicht andeutungsweise problemadäquate Antworten und Alternativen.“
Das ist das vernichtende Fazit der ersten empirischen Untersuchung zur Rolle der rechtsradikalen Parteien in den Kommunalparlamenten am Beispiel von Hessen. Die Untersuchung wurde vom Institut für Erziehungswissenschaften an der Universität Marburg durchgeführt. Nach nur einem Jahr der kommunalpolitischen „Arbeit“ der Rechtsradikalen in Hessen, so Projektleiter Benno Hafeneger, müßten überall „Zerfalls- und Auflösungserscheinungen“ konstatiert werden: „Abspaltungen, Austritte, niedergelegte und nicht wiederbesetzte Mandate, Zerstrittenheit, fehlende Präsenz in Parlaments- und Ausschußsitzungen sowie interne Machtkämpfe, Ausschlußverfahren und Postenschacher“ seien charakteristisch für den Zustand der Fraktionen von Reps und NPD.
Akribisch listen die Wissenschaftler in der rechtzeitig vor den Landtagswahlen veröffentlichten Untersuchung die Verhältnisse in allen Parlamenten auf, in denen „Republikaner“ oder NPD vertreten sind. So haben sich etwa in Offenbach bereits fünf von ursprünglich elf Mandatsträgern der Reps aus Fraktion und Partei verabschiedet. In Kassel sind zwei von vier Reps aus der Fraktion ausgetreten. Im Main-Kinzig-Kreis hat sich ein Drittel der „Republikaner“-Abgeordneten aus der Partei verabschiedet. Im Kreistag des Hochtaunuskreises sitzen nur noch vier von einst acht „Republikaner“-Abgeordneten ...
Den verblieben Rumpffraktionen, so die Erkenntnisse der Wissenschaftler, die 486 Anträge und Anfragen der Rechtsradikalen auswerteten, müsse in bezug auf die kommunalpolitische Arbeit gleichfalls ein „niederschmetterndes Ergebnis“ bilanziert werden. In vielen kommunalen Parlamenten seien beide Parteien der extremen Rechten überhaupt nicht politisch aktiv geworden. Und dort, wo Anträge und Anfragen eingebracht wurden, mißbrauchten Reps und NPD die kommunalpolitischen Foren als „Bühne zur Artikulation von populistischen Ressentiments“ und zur Darstellung ihrer „ethnischen Polarisierungsversuche“.
Da gab es Anträge von „Republikaner“-Fraktionen, die etwa auf das „Verbot der Haltung ausländischer Hunde“ abzielten oder zur „Ergreifung von Maßnahmen gegen die rückläufige Entwicklung des Anteils der deutschen Wohnbevölkerung“ aufforderten. In Bad Hersfeld beantragte die NPD die „Einführung einer kommunalen Familienhilfe nur für deutsche Familien“. Weil Reps und NPD bei ihren ohnehin dürftigen parlamentarischen Aktivitäten „alltagspraktische Themen und Probleme“ nur marginal berücksichtigt hätten, so die Untersuchung, könnten beide Parteien genau das nicht für sich in Anspruch nehmen, was sie in Wahlkämpfen propagierten, nämlich „politisch-praktische Gestaltungsalternative“ zu den demokratischen Parteien zu sein. Selbst die wenigen quer zur dominierenden Ideologie liegenden Anträge, etwa zur Verkehrspolitik oder zu Umweltthemen, seien oftmals noch als „ideologisch (fremdenfeindlich und rassistisch) oder als populistisch-anbiedernd“ zu dechiffrieren. Klaus-Peter Klingelschmitt
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