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Society-Golfen zum Aldi-Schleuderpreis

■ Golfclub am Wannsee will dem Land für 60 Hektar 190.000 Jahrespacht zahlen / CDU-Politiker und Banker als Mitglieder

Von Loch zu Loch in schöner Lage und auf Billiggrund – der Golf- und Landclub Berlin Wannsee will sein rund 60 Hektar großes Gelände im Südwesten der Stadt zu einem Jahres-Spottpreis von 190.000 Mark vom Land pachten. Die Namensliste des Zehlendorfer Vereins mit Sitz am Stölpchenweg kann sich sehen lassen: Neben den CDU-Politikern Klaus-Rüdiger Landowsky (Fraktionschef im Abgeordnetenhaus) und Jürgen Klemann (Sportsenator) gehören ihr die Vorstandsmitglieder fast aller großen Banken der Stadt (Dresdener Bank, Commerzbank, Deutsche Bank, Bankgesellschaft Berlin) an.

Der gemeinnützige Verein, der in diesem Jahr sein 100jähriges Bestehen feiert, fusionierte im September vergangenen Jahres mit dem anliegenden „Berlin-American-Club“, der nach dem Zweiten Weltkrieg rund zwei Drittel des früheren Landclub-Geländes genutzt hatte. Nach dem Abzug der Alliierten ging diese Fläche dann an das Land Berlin.

Seit geraumer Zeit verhandelt nun der Verein mit den Berliner Forsten über einen neuen Pachtvertrag. „Wir streben eine Laufzeit von 20 Jahren an“, erklärte gestern gegenüber der taz Landclub-Geschäftsführer Jürgen Kohns. Anvisiert sei eine Jahrespacht von rund 30 Pfennig pro Quadratmeter für die jetzige Gesamtfläche von 600.000 Quadratmeter. Eine solche Niedrigpacht verlangt das Land nach der Sportanlagennutzungs-Verordnung üblicherweise von Vereinen für sogenannte ungedeckte Flächen – etwa für Fußballfelder oder Tennisplätze unter freiem Himmel. Beim Wannsee- Golfclub seien aber nur „40 Prozent Spielbahnen“, der Rest hauptsächlich Baumbestand, sagt Kohns und verteidigt damit die verlangte Niedrigpacht. Außerdem sei der Verein gemeinnützig und habe „viele einfache Mitglieder, vom Anstreicher bis zum Polizisten“. Die 190.000 Mark Jahrespacht seien angesichts der laufenden Unterhaltungskosten keineswegs eine „billige Forderung“. Bei einem Jahresetat von rund 3 Millionen Mark müßten allein 1,5 Millionen Mark für die 20 Vereinsangestellten aufgebracht werden.

Der 1.350 Mitglieder zählende Golf- und Landclub Berlin Wannsee mußte wegen des großen Andrangs – weitere 400 Personen bewerben sich um die Mitgliedschaft – bereits eine Aufnahmebeschränkung verfügen. „Bei einer jährlichen Fluktuation von 20 bis 30 Personen kann man sich ausrechnen, daß mit sehr langen Wartezeiten zu rechnen ist“, meinte Kohns. Der ursprünglich 1895 am Spandauer Damm gegründete Verein zog 1924 an seinen jetzigen Standort um. Wer zu seinen Auserwählten gehört, muß als einmalige Aufnahmegebühr 3.000 Mark abdrücken. Für die Mitgliedschaft kann jährlich bis zu 2.000 Mark verlangt werden. Severin Weiland

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