Importierte Waffen gegen Bevölkerung eingesetzt

■ ai-Bericht über verschärfte Menschenrechtsverletzungen in der Türkei

Istanbul (taz) – Ein katastrophales Bild von der Situation der Menschenrechte in der Türkei zeichnet ein neuer Bericht der Menschenrechtsorganisation amnesty international. Systematische Folter, politische Morde und Übergriffe auf Zivilisten gehören in der Türkei zur Tagesordnung. Allein im vergangenen Jahr sind fast 400 Menschen politischen Morden zum Opfer gefallen, bei denen zumindest der Verdacht auf eine Mittäterschaft der Sicherheitskräfte besteht.

Typisch ist dabei der Fall von Necati Aydin und Mehmet Ay in der kurdischen Stadt Diyarbakir im Südosten des Landes: Aydin und Ay waren wegen Unterstützung der kurdischen Guerillaorganisation PKK (Arbeiterpartei Kurdistans) im März 1994 festgenommen worden und am 4. April durch das Staatssicherheitsgericht Diyarbakir freigesprochen worden. Doch die Familienangehörigen warteten vergebens vor dem Gerichtsaal. Aydin und Ay „verschwanden“. Fünf Tage später wurden ihre Leichen auf einem Feld 40 km von Diyarbakir entfernt gefunden.

Zwangsevakuierung von Bauern und das Abbrennen von kurdischen Dörfern gehören zur Praxis der Sicherheitskräfte. Nachdem in der Provinz Tunceli Dutzende Dörfer abgebrannt wurden, fand man mehrere Bauern tot auf, andere waren „verschwunden“. An dem Überfall waren auch Helikopter beteiligt. Ministerpräsidentin Tansu Çiller leugnete die Verantwortung der Armee – und behauptete sogar, daß die PKK über eine Luftwaffe verfüge.

Der ai-Bericht dokumentiert aber auch von der PKK verübte Morde an Dorfmilizionären (kurdische Bauern, die vom Staat bewaffnet werden, um gegen die PKK zu kämpfen) und ihren Familien. Trotz Lippenbekenntnissen zur Genfer Konvention „exekutiert“ die PKK ihre Gefangenen.

Der Export von Waffen trägt laut amnesty zu Menschenrechtsverletzungen bei. Zahlreiche Menschen, die im Südosten des Landes „verschwanden“ oder später ermordet aufgefunden wurden, sind in Armeehubschraubern verschleppt worden, die unter anderem aus den USA, Großbritannien und Rußland an die Türkei geliefert wurden. Das deutsch-französische Konsortium „Eurocopter“ plant die Lieferung von Puma-Helikoptern an die Türkei. Bonn gab Ende Januar bekannt, Rüstungsgüter im Wert von 52 Millionen Mark an die Türkei zu liefern.

amnesty fordert, daß der Abschiebestopp für Kurden in Deutschland verlängert werden müsse. Abgeschobene Kurden müssen bei ihrer Ankunft mit Anklage, Haft, Folter rechnen. Ömer Erzeren